Pasta alle Bietola e Roquefort
Jetzt wird es interessant. Für diese Sauce muss man nämlich kochen können. Keine Schritt-für-Schritt-Anleitung möglich.
Die hohe Schule, so kristiallisiert sich heraus, wenn man Köchen lang genug zuhört, ist es, alle Textur- und Geschmacksdimensionen in einem Gericht zu vereinen und auszubalancieren. Ich wollte eine Pastasauce mit Spinat und Roquefort machen, eine Kombination, von der schon Helmut Kohl in seiner Amtsantrittsrede erzählte, dass sie das Potential habe, gespaltene Lande zu einen. Oder so. Spinat gab es nicht frisch, also wurde Mangold als teutschlandische Alternative eingekauft. Mangold fällt nicht so stark zusammen wie Spinat und hat einen pfefferigen Geschmack, genau das richtige, um ihn mit Saint Agur zu ehelichen, der kostengünstigen und in meinen Augen gleichwertigen Kuhmilch-Alternative zu dem Charakterprodukt aus Rouergue. Dazu verstehen sich Tomaten. Das Tomatenwasser bildet die Grundlage der Sauce, es bringt uns große natürliche Mengen des äußerst schmackhaften Mononatriumglutamats, das ja aus Film, Fernsehen und vom Chinamann an der Ecke als Zaubermittelchen bekannt sein dürfte und viel zu dem guten kulinarischen Ruf der Tomate antverwortlich zeichnet. Das Fruchtfleisch bietet texturell Struktur, sehr ähnlich wie es das Fleisch von s.g. „Tieren“ sonst übernimmt. Zwischen der Geschmolzenheit des Käses und der grenzwertigen Strukturlosigkeit des Mangolds unverzichtbar. Ein ordentlicher Blauschimmelkäse – im heimischen Höhlenkeller fachgerecht nachgereift – will gekleidet werden, man lässt ja sein privates Streichquartett auch nicht nackt spielen. Oder nur an hohen Feiertagen. Honig dämpft die plumpe mit-der-Tür-ins-Haus-Mentalität des Blauschimmels sanft ab, Nüsse und Knoblauch sind Hut und Stock des Käses. Damit will ich auch aufhören, diese recht ideenlose Kleidermetapher weiter überzustrapazieren. Als letztes braucht es nur noch Zitronensaft, um die Süße des Honigs etwas abzufangen. Und Chili. Pikanz will auch.
Um das Ganze also noch einmal zusammenzufassen: Grundlage ist das Zusammenspiel aus Mangold und Saint Agur. Der Käse braucht Pinienkerne und Honig, der Honig Zitrone. Tomaten geben Textur und Geschmack, Knoblauch und Chili liefern Pfiff. Erfahrungsgemäßg macht sich Parmesan zu Würzzwecken hier desweiteren sehr gut, als Kräuter passen Thymian, Basilikum und Petersilie. Salz, Pfeffer verstehen sich. Lauchzwiebeln sind die Grundlage, gedünstet in Butter. Beurre beurre, donnez-moi du beurre, toujours du beurre. Dabei ist es noch eine der geringeren Herausforderungen, dass die Tomaten nicht zerkochen, das Schwierigste ist, Süße, Säure, Pfefferigkeit, Schärfe und Biss so einzustellen, dass es richtig gut schmeckt. Wie gesagt, man wird wohl kochen können müssen.
Los geht’s. Pastawasser aufsetzen, außerdem eine kleine Kasserole mit gesalzenem Wasser und eine trockene Pfanne auf voller Hitze. In der trockenen, heißen Pfanne rösten wir Pinienkerne. Achtung, das wird extrem schnell schwarz. Da will lüchsisch aufgepasst sein! Wenn diese Aufgabe erledigt ist, stellen wir die Pinienkerne beiseite und lassen in unserer Saucenpfanne Butter aus. Hinein kommt eine kleingeschnittene Lauchzwiebel, die wir dort auf mittlerer Flamme dünsten. Wenn uns das Ganze gefällt, kommt ein bisschen Chili und eine hauchdünn geschnittene Knoblauchzehe dazu. Eine Minute mitdünsten, dann mit Weißwein löschen. Hitze aufdrehen, Honig – etwa einen kleinen Teelöffel – und etwa den Saft einer viertel bis halben Zitrone zugeben. Abschmecken! In den Sud kommt das Kernwasser von etwa sechs Kirschtomaten und der Saint Agur. Bei dem Käse tue ich mich mit einer Mengenangabe schwer, vielleicht das Äquivalent von zwei Tischtennisbällen. Dazu kommen außerdem zwei bis drei Esslöffel geriebener Parmesan und etwas Thymian. Käse schmelzen lassen.
Irgendwo dazwischen sollte wohl die Pasta ins Wasser geworfen werden. Wann, kommt natürlich auf die Nudelsorte an. Dran denken: Zwei bis drei Minuten weniger kochen als die Packungsbeilage, Arzt oder Apotheker empfehlen. Außerdem nebenbei vom Mangold den Struck ausschneiden und die Blätter in etwa einen Zentimeter breite Streifen schneiden. Etwa zwei Minuten vor dem Ende der (reduzierten) Pastakochzeit kommen die Tomatenstückchen in die Sauce und der Mangold in das kochende Wasser. Pasta schließlich zusammen mit einer kleinen Kelle Pastawasser in die Sauce geben, durchrühren. Der blancierte Mangold kommt nun ebenfalls zu der Sauce, das Ganze soll auf hoher Hitze noch etwa eine Minute durchziehen. Salz und frisch gemahlener Pfeffer dazu. Basilikum und glatte Petersilie kleinhacken und kurz vor Ende mit den Pinienkernen dazu geben. Puh, geschafft!
Das Ganze, das lässt sich glaube ich nicht verhüllen, ist ein wenig Aufwand und nicht mal für jeden schaffbar. Man muss viele Sachen im Auge haben, vieles gleichzeitig kontrollieren und gut abschmecken können. Wenn man aber alles richtig macht, wird man mit einer absolut hervoragenden, überraschenden und einmaligen Pastasauce belohnt und die ganzen Mühen sind es satt wert gewesen. Also: Nicht zurückscheuen sondern ausprobieren!
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