Review: JCK Kagayaki CarboNext Gyuto

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Eines der am häufigsten diskutierten und auch empfohlenen Messer der letzten Zeit ist das unglücklich benannte CarboNext von der JCK-Hausmarke Kagayaki. Die Serie zeichnet sich durch einen semi-rostfreien Stahl aus. Die Idee ist, den geringen Pflegeaufwand und die überlegene Zähigkeit von rostträgen Stählen mit der einfachen Schärfbarkeit und hohen Endschärfe von Carbonstählen zu kombinieren. Dazu gilt das Messer als gut verarbeitet und ist dabei auch noch erstaunlich preiswert. Ich musste also ausversehen eines kaufen. Jetzt die große Frage: Hält es, was es uns verheißt?

Die Verarbeitung des Messers macht zufrieden. Der Griff ist sauber und spaltenfrei verarbeitet, Kropf und Angel sind fehlerfrei angesetzt. Der Griff des Messers ist für meine Begriffe vergleichsweise klein, ich kann aber noch problemlos damit arbeiten. Ich habe sehr große Hände, für die allermeisten Leute dürfte dies also kein Problem darstellen. Am Klingenschliff gibt es nicht viel zu mäkeln. Er ist nicht hundertprozentig gleichmäßig, aber im Rahmen weit teurerer Messer. Die Kanten am Rücken und Kehl sind nicht gebrochen, der Kehl ist relativ grob geschliffen. Bei einem Messer dieser Preisklasse ist mir das aber völlig wurscht, zumal es praktisch keine Konsequenz hat. Kann man innerhalb von zwei Minuten selbst korrigieren. Der Schliff, mit dem das Messer ausgeliefert wurde (ES-Option wurde nicht gewählt), ist dagegen einfach nur ausgezeichnet: Ich würde es als 2:1-Anschliff für Rechtshänder klassifizieren, der auf jeden Fall fein gefinisht (ich würde auf #4000 tippen) wurde. Es war eine Zeit lang ein Manko der Kagayaki-Messer, dass sie in der Tradition japanischer Messerhersteller den Erstschliff dem Händler oder Kunden überlassen haben – für westliche Kundschaft ohne große Schleiferfahrung ein Nachteil. Darüber braucht man sich jetzt keinerlei Gedanken mehr zu machen: Volle Punktzahl hier. Linkshänder sollten sich vor der Bestellung bei JCK melden, ein umgekehrter Anschliff ist kein Problem.

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Deutlich wichtiger ist aber noch die Geometrie; sie bestimmt, wie leicht sich Dinge schneiden lassen, die nicht nachgiebig sind. Ich habe die Klinge ausgemessen, für Anschauungszwecke neben dem als sehr dünn geltenden Ashi Ginga (Review steht noch aus) fotographiert und mit dem Messer einen großen Haufen Zwiebeln, Karotten und Tomaten geschnitten, sowie ein ganzes Rinderherz pariert. geometrienDabei habe ich immer mal wieder das Ashi und mein Herder Nakiri zum Vergleich genommen. Man kann auf dem Bild weiter unten ersehen, dass die Geometrie nicht verkehrt ist, ein dickes Messer ist das Kagayaki nicht. In der Tabelle sieht es sogar auf den ersten Blick so aus, als stünde es dem Ashi in nichts nach. Tatsächlich muss man aber bedenken, dass das Ashi Ginga ein 24cm-Gyuto ist und daher eine deutlich breitere Klinge hat als das 21cm Kagayaki. Insgesamt ist die Dickenzunahme des JCK also über eine kürzere Strecke, das Messer damit dicker. Und das zeigt sich auch in der Praxis. Wo man Zwiebeln und Tomaten vor Freude jubilierend zersäbelt, zeigt sich bei dem ewigen Problemgemüse Karotte, dass es eben doch noch etwas dünner ginge. Hier sind das Ashi und das Herder fühlbar etwas besser. Insgesamt ist die Geometrie des JCK aber trotzdem als gut zu werten, alle anderen Aufgaben erledigte das Messer mit Bravour.

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Links JCK CarboNext, rechts Ashi Ginga

Auch nach einem langen Tag Schnibbelei, bei der ich das Kagayaki ganz normal behandelt habe und keinesfalls extra vorsichtig, ist die Schärfe unverändert hoch, die Schneide zeigt keine Ausbrüche. Auf Grund des exzellenten Werksschliffs habe ich das Messer noch nicht auf dem Stein gehabt, zu dem Nachschleifen kann ich also nichts sagen. Die Auslieferungsschärfe lag etwas unter der meines kürzlich geschliffenen Ashis, aber nicht viel. Es etliche Minuten in Zwiebelsaft liegen zu lassen, hat keine sichtbaren Oxidationsspuren an der Klinge hinterlassen, die Rostresistenz kann also als erstaunlich hoch bezeichnet werden.

Fazit: Das 21er CarboNext Gyuto ist im Moment für 98,40€ inkl. Versand und MwSt zu haben und war nach gerade mal vier Werktagen nach der Bestellung in Japan bei mir. Für das Geld bekommt man ein gut verarbeitetes Messer aus einem Stahl, den man auf Basis seiner erreichbaren Schärfe, Rostträgheit und Schnitthaltigkeit nur empfehlen kann. Der Werksschliff ist ausgezeichnet, die Geometrie liegt im oberen Mittelfeld. Ich halte das Messer damit für eine exzellente Empfehlung in seinem Preisbereich. Die Alternative wäre in meinen Augen das Herder 1922, das eine bessere Geometrie bietet, dafür aber weniger schnitthaltig ist. Weiterhin lebt man bei der Bestellung eines Herders immer mit der Gefahr eines schlecht verarbeiteten Griffes.

Hier sind noch die angegebenen Maße:
Klingenlänge: 210mm
Länge insgesamt: 330mm
Klingendicke: 2.2mm
Klingenbreite: 43mm
Grifflänge:113mm
Gewicht: 159g

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5 Antworten to “Review: JCK Kagayaki CarboNext Gyuto”

  1. Hallo!

    Zunächst einmal vielen Dank für Dein Review. Gerade den ausführlichen Geometrievergleich fand ich sehr hilfreich, der kam bei anderen Reviews des Messers irgendwie immer etwas kurz.

    Was mich als Japanmesser-Anfänger noch interessieren würde: Mein bisher einzig anderes Japanmesser ist in Tosa aus Aogami #2 gschmiedet. Nach diversen Wüsthof, WMF, Zwilling, Ikea… alles Edelstahl, war ein dreilagiges Carbonmesser in meherer Hinsicht eine Offenbarung: erreichbare Schärfe, Schnitthaltigkeit, Schleifbarkeit, etc. Als etwas negativ hat sich für mich die Reaktivität des Stahls herausgestellt. Von der Pflege her kein Problem, aber selbst nach Patinabildung schneide ich z.B. ungern Äpfel oder Tomaten – ich schmecke es als Rohkost manchmal doch.

    Nun zum Punkt: Die gerige Reaktivität des CarboNext scheint offensichtlich, da ist die Ähnlichkeit zum Edelstahl wohl recht klar. Aber wie sieht es mit den anderen Eigenschaften im Vergleich zu einem Papierstahl aus? Erwartet mich da auch eher ein edelstahlartiges Produkt, oder sprechen wir von einem Stahl der als Mittellage in einem Traditionellem J-Knife eine klasse Figur machen würde?

    • Herr Grau Says:

      Hi,
      1) Ich gehe davon aus, dass die Reaktivität des Tosas nicht von dem Papierstahl kommt, sondern von den Eisenflanken. Papierstahl ist sehr rein und wird normalerweise recht hoch gehärtet, sodass er zwar eine schöne Patina annimmt, aber so gut wie keine Geschmacksänderungen macht; diese entstehen primär durch zu viel Schwefel im Stahl oder eben Eisen
      2) Edelstahl ist nicht gleich Edelstahl. Mit dem Stahl der Solinger kannst Du die Cr-Mo-Messer vergleichen, bspw. Misono Molybdenium oder Kanetsugu Pro M, aber auch viele andere. Es gibt aber auch hochwertigere Edelstähle wie z.B. die Goldstähle (VG) oder meine Favoriten, die Schwedenstähle von Sandvik oder Uddeholm. Diese können höher gehärtet werden und sind bei richtiger Wärmebehandlung (bei allen härteren Edelstählen schwierig und sehr wichtig) extrem gut. Wo liegt jetzt das CarboNext? Ich würde es zwischen einem recht guten, wenn auch nicht idealen Edelstahl und einem guten Carbonstahl anordnen. Mit den Papierstählen würde ich es bewusst nicht vergleichen, da das Ziel ein ganz anderes ist; hochreine Carbonstähle werden sehr hoch gehärtet, meist in der Kategorie der traditionellen Japan-Messer. All die Stähle, über die wir hier reden, bewegen sich in dem Bereich zwischen 58 und 60° HRC, den ich inzwischen für ein Universalmesser für viel sinnvoller halte.
      Um es kurz zu machen: Der Stahl spielt eher in der Liga guter Edelstähle und ist dabei leichter schärfbar. Dabei ist er deutlich besser als der klassische Cr-Mo-Stahl, kann aber meiner Meinung nach nicht mit den gut verarbeiteten Schwedenstählen mithalten. Muss er auch nicht, denn diese sind deutlich teurer.

      • Danke für Deine ausführliche Antwort, das hilft mir nochmal deutlich weiter! Ich vermute mal ich werd‘ mir auch aus versehen eins bestellen müssen…

  2. Vielen Dank für dein Review. Ich habe ich das Messer ebenfalls bestellt, mit einem Anschliff für Linkshänder. Auch nach einem Jahr im Einsatz bin ich noch sehr zufrieden damit.

    • Herr Grau Says:

      Freut mich, wenn ich helfen konnte. Ich habe dieses Messer auch schon einigen Leuten in meiner näheren Umgebung empfohlen, bis jetzt sind alle damit sehr zufrieden.

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