Das Leben und der große Löffel – Hochwertige Handtücher

Als ich dereinst in mein heutiges Leben als so aktiver wie wohlgelaunter Berufstäter eintrat, war ich nicht nur noch etwas feucht hinter den Ohren, sondern auch insgesamt morgens schlecht trocken gelegt. Denn die Frottierlappen, die mir elternseits zugeeignet worden waren, persistierten in meinem Hausstand – und die waren schon als ich sie Richtung Studentenwohnung aus dem heimischen Wäscheschrank entführte fortgeschritten gerupft gewesen. Meine geliebten Erzeuger genießen das Gesamterlebnis, das sich nur authentisch erzeugen lässt, wenn man deutlich zu kleine Handtücher über Jahre ohne Weichspüler und mit der absoluten Mindestdosis Waschmittel in sehr hartem Wasser wäscht und dann aushängt. Der lange Flor des Textils härtet so mit vernehmlichen Stoßgebeten an Edward Vickers und Stanley Rockwell in biblischer Gänze aus und kann dann so beim Abreiben des postbalnealen Menschenkörpers am Grundtuch abgebrochen werden, sodass dann endlich das finale Schleifvlies der CAMI Körnung 6-8 erzeugt ist, das seinen weiterhin in die Lande getragenen Namen „Handtuch“ mehr mit nachdrücklicher Häme als mit Aufricht trägt. Ich, so ahnt der verhaltensvoyeuristische Leser mutmaßlich bereits, teile diese Begeisterung für die Hausdesscation mittels Scheuer- und Schmirgellappen im Taschentuchformat – nicht.

Ich habe seither auch aufgegeben, meine Eltern von Gegenteiligem überzeugen zu dünken. Mit der Kraft, die nur alternde teutonische Verbohrung in Unsitten allein zu entwickeln weiß, verteidigen sie ihre masochistische Fehlinterpretation wichtiger Kulturgüter mit ehernem Eifer. Es bringt nichts als meinen Blutdrock hoch. An deren statt lenke ich also absehbarerweise meinen Effort auf die breite Öffentlichkeit. Denn als ich da stand in meiner ersten Wohnung als Erwerbtuender und die möglichst effektreiche Verdampfung meines Soldes erwog, da war das von mir ersuchte Themenfeld ein gutes – was ich jetzt, zehn Jahre später, mit ausreichender Sicherheit sagen kann.

Mein Grundgedanke war, dass es sich dort löhne zu investieren, wo man möglichst oft davon etwas hätte, namentlich bei all den Dingen, die man jeden Tag benutzt. Von einem guten Rasierpinsel hat man rein statistisch gesehen mehr Gesamtnutzleistung, also p(geil) = Nutzen x Zeit, als von einem hochpreisigen Fondue-Set. Ein Federbett von Meisterhand macht mehr gut als ein Windsurfbrett. Und zu den Dingen, die wir wirklich jeden Tag mindestens einmal nutzen, und deren Qualität sich direkt in Lebensqualität niederschlägt, gehören insbesondere eben Handtücher.

Bei meinen Recherchen ergab sich, dass die deutschen Textilwarenhersteller zwar größtenteils gute Qualität liefern, aber auch dies nicht völlig zuverlässig. So setzte ich mich beispielsweise in den Besitz einer Kombination von Saunahandtuch und Bademantel aus der Eden Serie der bekannten Marke Möve von unterdachs der großschönauer Firma Frottana für ein schweres Säckel Dukaten, deren Säume sich bereits nach der zweiten Wäsche aufzulösen anschickten. Man kann zumindest nicht alles ungesehen kaufen, sondern muss vorher die angepeilte Serie unter Zuhilfenahme des Internetzes nahbelupen. Für die aufgerufenen Preise finde ich das eher unerbaulich, profilieren besagte Firmen sich doch als Premiumhersteller und rufen entsprechende Courtagen auf. Immer wieder hörte ich Gutes über das deutsche Wäschehaus Erwin Müller, das seine Hausmarke zwar nicht selber herstellt, aber offenbar mit großer Sorgfalt kuratiert. Es gibt bestimmt viele Hersteller, die gutes Tuch weben und zu Handtüchern konfektionieren – nachdem ich meinen Erstbestand seit nunmehr zehn Jahren nutze und ebendie auch vielen ebenfalls zufriedenen Freunden und Bekannten empfohlen habe, habe ich meine Hausmarke gefunden: Die Serie Konstanz von Erwin Müller. Sie kommen mit einer Grammatur von 650g/m² daher, das Hautgefühl ist klasse, die Trocknungsfähigkeit hoch und der Stoff ist sehr beständig. Auch nach zehn Jahren der nebenbei einzigen richtigen Instandhaltungsart von Handtüchern, namentlich Kochwäsche mit Wasser+ und natürlich ohne Weichspüler – denn Weichspüler ist essentiell Fett und das hintert Stoff dann doch an der Wasseraufnahme – und anschließendem Trocknern sind die guten Stücke nicht auf. Man merkt ihnen ihr Alter erst langsam an, sodass ich sie vermutlich bald auf die Reservebank ins Wochenenddomizil schicken werde, aber das drängt nicht wirklich. Es ist einfach, um den alltäglichen Genuss wieder auf das Maximum zu bringen. Der Leben, der große Löffel, Sie verstehen.

Sich in warmflauschige, wohlduftende, schwere und saugstarke Frottierwaren hüllen zu können, ist eine sehr basale, geradezu primale aber extrem befriedigende Angelegenheit. Jeden Tag. Es fasst einem die Seele und umarmt sie liebevoll. Ich kann diese Aufwertung jeder morgendlichen Dusche und jeder Badewanne nach einem Tag nur herzlichst empfehlen. Wenige Dinge bereiten mir so konstant so viel Wohlbehagen. Ich trachte danach, mein Wohlbehagen mit der Welt zu teilen. Lassen Sie uns gemeinsam den Flausch der Zivilisation genießen.

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