DIY-Lautsprecher – ADW Duetta – oder: Wie man es nicht macht.
Man könnte es eine Neurose nennen, dass ich lieber lange auf das Beste spare, als irgendetwas Halbgares zu kaufen – ich halte es für eine wichtige Art von Konsequenz. Gerade für einen Studenten ist das ein episches Vorhaben und wenn sich dazu auch noch der Wunsch nach einer Hifi-Anlage gesellt, dann kann es enorm flott extrem teuer werden. Schnell liegen die Preise der Komponenten hinter der Grenze des Bezahlbaren, durch die Traumwiesen hindurch noch hinter den Bergen, im Land des schlechten Geschmacks. Fakt ist, dass die Komponenten ab einem gewissen Punkt nicht mehr besser werden. Etwas anderes als Mundorf-Kondensatoren und Eton-Chassis bekommt man auch im hohen Dukatensegment nicht und auch Boxen sind nach wie vor aus Holz, das mit dem Holz im Baumarkt recht eng verwandt ist. Viele „Verbesserungen“, die im Premiumsegment eingeführt werden, dienen einzig und allein dem Zweck, dass sowohl Verkäufer als auch Käufer des Nachts besser schlafen. Letzterer, weil ihn keine Zweifel mehr plagen und ersterer, weil sein Kissen so gut gepolstert ist. Diese .. ich nenne sie jetzt mal Ende-Der-Fahnenstange-Kompontenen kann aber auch ein Du und ein Ich beim Elektronikfred unseres gemeinsamen Vertrauens käuflich erwerben. Zum hochgradig kostensparenden Selbstbau fehlt (nur) noch das essentielle Bindeglied, jene sphärisch-unfassbare Kraft, deren Quelle selten gestreute Fachleute sind und die vom Vorsitzenden des Elite-Sachen-gebacken-Krieger-Weltverbands Hannibal Smith mit einem Wort zusammengefasst wird: Plan.
Im Selbstbau von Boxen kommt man an ein paar Wahrheiten nicht vorbei. Eine davon ist, dass man früher oder später bei Udo Wohlgemuth (Acoustic Design Wohlgemuth) landet. Er vereint Kompetenz, Kundenbetreuung, Freundlichkeit und gutes Aussehen auf ein Weise, dass man sich wünscht, es gäbe eine Art ihn in anderen Branchen ebenfalls. Dazu kommt, dass die Erfolge seiner Produkte für sich sprechen. Wer sich nicht auf Internetzgeblöke verlassen will, der spannt den Karren an und greift auf Qualität 2 und 3 von Udo zurück, in diesem Fall in der Form der Möglichkeit, ihn nach kurzer Absprache im Prinzip zu jeder unmöglichen Zeit zum Probehören besuchen kommen zu können. Hier setzt meine kleine Geschichte auch an. Wurde auch Zeit, werden Sie sagen, nach so vielen Buchstaben. Also los.
Ich sitze also in dem kleinen Tüftlerkabuff in Bochum auf einer abgewetzten Couch und versuche, in kurzer Zeit so viel Wohlgemuth wie möglich aufzusaugen. Er hat nicht alles parat, aber einen soliden Querschnitt seines Sortiments kann man probehören. Stoisch erträgt er meiner CD- und Plattensammlung, wechselt die Lautsprecher, lässt mich weiter hören. Nebenbei lässt er wie nebensächlich wichtige Ratschläge und lustige Anekdoten fallen. Interessiert begutachtet er Incubus und Audiovent, sowie Ray LaMontagne und merkt schließlich bescheiden an, dass ihm in dieser Musik die Dynamik fehle (nicht wirklich verwunderlich, muss die Abmischung doch auch ihrer Verwendung als Disko-Musik Rechnung tragen). Ich wechsle also auf Led Zep und Dusty in Memphis, was sein Gemüt schon etwas erhellt, schließlich kann er aber doch nicht umhin, bei der Präsentation seines Meisterstücks, der Duetta, auch selber noch mal in die Kiste zu greifen und Monty Alexander in Montreaux und Ella & Louis aufzulegen – beide musste ich mir übrigens dringend sofort auch zulegen, wobei letztere schon länger auf meinem Wunschzettel stand. Die Boxen faszinierten mich dabei so derartig, dass ich sie vom Fleck weg kaufe, das heißt: Ich kaufte die Bausätze.
An dieser Stelle vielleicht ein paar kleine Details zur Duetta für alle, die die Box nicht kennen. Zu aller erst gibt einen Artikel dazu in Udos Magazin (hier). Es handelt sich um eine zweiteilige Standbox, die komplett mit Chassis von Eton/Ulm bestückt ist. Diese gehören mit zu dem Besten, was es überhaupt für Geld und gute Worte zu kaufen gibt. Zumindest aber den – zugegebenermaßen nicht gerade günstigen – Hochtöner ER4 halte ich für den besten im Moment verfügbaren Vertreter seiner Zunft überhaupt. Und auch der 7-360/37 Hex und der 11-581/50 Hex brauchen sich vor keinem ihrer Mitbewerber verstecken. Der Aufbau erfolgte bei mir aus 22er MDF, wie von Udo vorgeschlagen. Hier ist der Bauplan (klick zum Vergrößern):
(Es finden sich noch einige Echos zu der Box, eine kleine Auswahl hier: #1, #2. #3, #4, #5, #6, #7. Wenn man noch etwas sucht, findet man sicher noch mehr.)
Seit dem Abend in Bochum sind einige Monate vergangen. Kommen wir zum Gehäusebau, den man auch eine Aneinanderreihung von Fehlern nennen könnte:
Erster Fehler: Ich kaufte mein MDF beim lokalen Baumarkt zu überteuerten Preisen und stellte zuhause fest, dass der Zuschnitt nicht präzise war. Für das Geld hätte ich es auch vom Tischler holen können, dafür aber richtig zugesägt.
Zweiter Fehler: Ich kaufte die Schallwände CNC-gefräst zu, da ich Schiss vor dem Ausfräsen der Löcher für den ER4 hatte. Merke: Will man furnieren, dann tut man das erst und fräst dann. Löcher überzufurnieren und dann auszuschneiden ist Masochisten-R&R und wird nie gut, wieviel Mühe man sich auch gibt.
Fehler Nummer 3: Ich kaufte mein Furnier bei Schorn&Groh. Das war eine ziemlich blöde Idee, aber das konnte ich nicht wissen. Die Furniere sind aus sehr schmalen Streifen zusammengesetzt, was auf größeren Flächen (Duettaseiten) wirklich bescheuert aussieht. Die Lieferung dauerte ewig und dann war die Hälfte der gelieferten Furniere falsch. Was ich merkte, als mein Tischler sie aufgeklebt hatte.
Fehler 4: Ich vergaß, die Gehäuse innen mit Dämpfungsmaterial zu bekleben, was schon zu empfehlen ist. Als sie zusammengeklebt waren, wollte ich mir das gynäkologische Gemache dann auch nicht mehr antun und habe es einfach sein gelassen.
Womit wir beim finalen Fehler wären: Ich hatte Angst, das teure Furnier zu ruinieren und gab die Boxen daher zu einem Tischler. Ich übersah die Möglichkeit, dass ein Mensch, der super nett ist und sonst spitzen Arbeiten macht, möglicherweise keine Ahnung vom Furnieren haben könnte. Jetzt wirft das Furnier überall Blasen, so genannte „Kürschner“, ein so gut wie nicht zu korrigierender Fehler. Derart große Flächen sollte man nicht mit Kontaktkleber zu furnieren versuchen, da man eh nicht so flächig gleichmäßig genug Druck aufbringen kann, sondern beide Teile einleimen, den Leim trocknen lassen und dann das Furnier mit einem Bügeleisen aufbügeln.
Man könnte sagen, ich habe eine teure Lektion gelernt. Einer der werten Autorenkollegen meinte in Anlehnung an gängige Euphemismen, ich hätte eben „besondere“ Gehäuse. Ich versuche das Beste daraus zu machen, denn ich habe weder Zeit, noch Geld oder Nerven, das ganze noch einmal von vorne anzufangen. Solange es klingt, werde ich mich jetzt darüber freuen.
Die Weichen waren schnell zusammengedübelt. Ich sollte vielleicht an dieser Stelle einen kleinen Dankesgruß an meinen Vater in den Äther beten, der Tatsache bezüglich, dass ich bereits mit zehn Jahren löten gelernt habe. Aber ein Weichenbau ist wirklich keine große Übung: Wer die Glühbirne in der Klospülung wechseln kann und weiß, wie man Kolbenrückholfedern nachspannt, hat mit sowas auch keine Probleme.
Die Gehäuse werden mit Ausnahme des Bereichs über den Reflexkanälen locker mit Dämmstoff gefüllt, auf die Hinterwand der Kammer des ER4 wird jeweils eine Moosgummiplatte geklebt. Die Löcher für die Kabel des Hochtöners werden mit Wachs verschlossen. Die Löcher für die Schrauben werden vorgebort.
Dann stehen sie irgendwann und spielen.
Tja, was soll ich sagen? Hat sich das viele Geld, die Mühe und der Ärger gelohnt?
Definitiv. Nach etwa fünfzig Stunden Einspielzeit verschwindet die anfängliche Schärfe aus den Höhen und es bleibt ein wunderbares Klangbild übrig, das schön die Musik projiziert, nichts überartikuliert, knackig trockene Bässe und glasklare, nie nervige Höhen liefert. Desweiteren ist die Dynamik wahnsinnig und die Auflösung haarscharf. Man hört Dinge, die man vorher noch nie wahrgenommen hat. Man ‚hört‘ den Lautsprecher überhaupt kaum, was ich sehr großartig finde.
Ich will die Klangbeschreibung nicht ausdehnen, sowas wird doch sehr schnell zur Floskelschlacht: Man weiß spätestens, wenn man beim ersten Weinen einer Les Paul Gänsehaut bekommt, dass alles an der richtigen Stelle sitzt.
Ich habe viele Lautsprecher gehört, davon einige im fünfstelligen Eurosegment, wovon ich keinen der Duetta unbedingt vorziehen würde.
4. Februar 2010 um 14:59
Juhuuuuu 🙂
nice one – danke für den Bericht! Da weiß ich ja schon mal wo ich kein Furnier kaufe 😉
Was den Baumaarkt angeht: habe genau dazugeschrieben welche Bretter exakt die gleichen Maße haben müssen – dann sollte es passen.
Wünsche viel Spaß mit den Duettas – meine werden grade gefräst (aber aus Multiplex -das brauche ich nicht firnieren – danke auch für den Tipp!
4. Februar 2010 um 18:41
Du, ich hab denen das auch genau gesagt, aber das hat nicht viel genützt…. Die meisten Multiplexhölzer kann man gut einfach mit Leinöl einlassen. Wenn Du ganz fancy-pants bist, kannst Du auch ne Schelllackpolitur machen.