Review: Henry Hill – The Wiseguy Cookbook

Letztens hab ich mir mal wieder Goodfellas angeguckt, den Mafiaklassiker von Martin Scorsese von 1990. Der Film erzählt – was viele Leute gar nicht zu wissen scheinen – eine wahre Geschichte und zwar die des sympathischen jungen Henry Hill, der von Kindesbeinen an Gangster werden will, viele interessante Jahre in der Cosa Nostra verlebt und sie schließlich, als Luft zum Atmen teuer Gut wird, verrät, um ins Zeugenschutzprogramm zu kommen – aus schierer Angst, sonst von seinem besten Freund Jimmy Burke umjemacht zu werden. Burke hatte zu diesem Zeitpunkt angefangen, aus schierer Paranoia alle seine Kompagnons, die beim s.g. Lufthansa-Heist beteiligt gewesen waren, aus dem Weg zu räumen. Hill war der letzte noch lebende Zeuge dieses Überfalls und er hatte den Schutz seines Mafiapatrons, Paul Vario, verloren, weil er gegen dessen ausdrücklichen Befehl in großem Stil mit Drogen gedealt hatte. War jetzt nicht die beste Situation.

Henry Hill, stolzer Besitzer eines massiven Alkoholproblems, flog schließlich auf Grund seiner Scheißegalmentalität aus dem Schutzprogramm heraus. Damit versiegte auch die finanzielle Unterstützung durch den Staat, sodass Hill jetzt mehr oder minder mit dem Überleben kämpft. Zeitweise geschieden und obdachlos, hat er sich jetzt wieder Boden unter die Füße gebracht: Er verkauft Bilder auf Ebay, er erschien mehrfach in der Howard Stern Show, wo man sehr gut hören konnte, wie unglaublich kaputt der Mann ist – und er hat ein Restaurant und fungierte als Consiliere für ein paar mehr. Nicholas Pileggi, der die Buchvorlage für den Film Goodfellas geliefert hat, kontributierte auch das Vorwort für das hier vorgestellte Buch und schreibt dort:

Years ago, while still being debriefed by the FBI and testifying in a dozen Mob trials, Henry Hill used to say that if he lived long enough on the lam, he would someday write a cookbook.
The FBI agents, marshals, and prosecutors all laughed.
I laughed, too. He fooled us all.

Als Sohn einer Sizilianerin wuchs Hill mit der italienischen Küche auf. Er durchlief dann die Stationen des Küchengehilfen von Fat Larry Bilello in der Stammpizzeria von Paul Vario, Koch in der Armee, Besitzer mehrerer Restaurants. Essen war immer ein integraler Teil des Lebens in der italienischen Mafia und für Henry Hill selbst. In dem Buch scheint es ein wenig überzeichnet, aber ich glaube es tatsächlich. Richtigerweise stellt er an mehreren Stellen fest, dass für italienische Männer das Kochen kein Abbruch für ihre Männlichkeit ist – eher im Gegenteil: Gutes Essen produzieren zu können, ist eine der wichtigsten Quellen des italienischen Stolzes.

Ich hatte wirklich gedacht, dass das Buch ein Marketinggag sei. Eine Möglichkeit für Hill, noch mal ein bisschen Kapital aus seiner Bekanntheit zu schlagen, ohne dafür tatsächlich Gegenwert zu bieten. Weit gefehlt. Man kann herauslesen, wie viel ihm das Kochen bedeutet. Den Stolz, die Liebe, die Erfahrung, das Augenmerk für jedes Detail. Es zieht sich durch das Buch, das einen chronologisch durch Hills Leben führt und dabei im Vorbeigehen alles Wichtige beibringt. Desweiteren sorgt die Chronologie dafür, dass man große Tafelgerichte genauso lernt, wie Dinge, die man „on the run“ in kurzer Zeit und mit einem Mindestmaß an Equipment zubereiten kann. Sein Stolz hat es einfach nicht zugelassen, das Essen, das ihm so lieb ist, zu beleidigen und deshalb ist das Buch gut und ehrlich. Um genau zu sein, ist es eines der besten Kochbücher über italienische Küche, das ich kenne. Dinge, die ich in langer Recherche lernen musste, stehen da einfach nebeneinander. Und es kostet mit unter 15€ fast nichts.

Kein Gag, eine echte Empfehlung.

Eine Antwort zu “Review: Henry Hill – The Wiseguy Cookbook”

  1. Wurstmensch Says:

    Hey, habe mir auf deine Empfehlung hin das Buch zugelegt und bis jetzt 3 Rezepte daraus nachgekocht. Ich bin hin und weg. Kniffe, die ich nicht kannte, wie das Abschlöpfen der Säure von der Tomatensauce tragen bei allen Gerichten dazu bei, dass sie supergut gelingen. Danke für den Tip. ❤

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