Ode An Den Vatertag

Eingesperrt sitze ich hinter Glas und sehne dem verlorenen Tag hinterher, der mir so hinterrücks wie -hältig von meiner in Anbetracht der beschriebenen Häresie wohl zu unrecht Bildungsanstalt geschimpften Arbeitsgenerierungseinrichtung meinen vor kaltem Hass verkrümmten Fingern entrissen steht: Der Vatertag, liebster Tag im Jahr jener gebeutelten Spezies, die ihr kärgliches Broterwerberdarsein im Angesicht maternalisch-emanzipatorischer Ansprüche nicht einmal mehr offen auf dem Revers tragen darf.
Kluge Köpfe erwählten schon früh Christi-Himmelfahrt, einen jener Feiertage, die es tatsächlich schaffen, Verständnisdunkel über ihren Darseinsgrund zu breiten, obgleich die Rechtfertigung in tastbarem Großdruck fertig montiert schon im Namen mitgeliefert wird, sodass sich selbst die Lektüre des Handbuch in Althebräisch eigentlich erübrigt. Es ist ein Feiertag, soviel darf feststehen – der unbedarfte, aber scharfsinnige Beobachter erkennt’s an der Geschlossenheit der Einzelhandelslandschaft -, und zwar einer, der der ach so lieben, aber durch Kriegseinwirkung offensichtlich nachhaltig geschädigten Verwandtschaft keinen Angriffspunkt zum Besuch bieten würde. Ein freier Tag also, mit dem lange gar nichts anzufangen war. Man schielte sehnsüchtig auf seine Nöte und fasste schließlich mutig den Entschluss:
Dem Manne ein Fest!

Viel zu oft wird den umherziehenden Herren ein Mangel an Eitel unterstellt; dabei ist die sorgfältige Antat genauso akribisch durchplant und Quelle des Erschafferstolzes wie Auswahl, Temperierung und Logistik der Erfrischungsgetränke. Von welch Genius es schreit, sich eine Fahrradklingel an den Spazierstock zu montieren und keck einen reflektorbeschlagenen Supertrinkerhelm mit einem verspielten Ensemble aus BuntmitNichtsdrunter zu kombinieren! „Traurig“ wird oft gescholten, „wer es nötig hat, den ganzen Tag nur dumm zu saufen“. Ich nenne es einen Triumph der Bescheidenheit, mit Cervisiat im Gegenwert von nicht weniger als 20 europäischen Festgeldeinheiten einen ganzen Tag lang zufrieden zu sein – wie viele Flaschen Wein wurden für teurerer Geld in Restaurants bestellt mit am Ende vollständig gebrechendem Ergebnis? Wer kann verurteilen, wenn Feiernde aller Altersklassen ihre sozialen und biographischen Differenzen, sowie die sorgsam eingeübte und ganzjährig exekutierte Stoizität einmal überspringen und schiere, unverdorbene Freude aus dem gemeinsamen mehrfehlstimmigen Kantat der weltweit anerkannten Ode „Wacholder, Wacholder“ ziehen? Mut gehört dazu, sich zur Einfachheit seines Ichs zu bekennen und es einem egal sein zu lassen, ob das eigene Glück darob verurteilt wird. Urwüchsig, einfach, bescheiden, ehrlich, naturverbunden, mutig und froh – die Qualitäten, die man aus der Gesamtschau der dargebotenen Einzelleistungen ersehen kann, darf uns ein Hinweis sein auf der Suche nach der viel umfragten Schönheit des männlichen Geistes. Wem dieser Schluss ein Rätsel bleibt, dem wird es auch die gesamte männliche Natur wohl bleiben. Tertium non datur.
Wem das alles zu viel ist, der kann sich aber natürlich auch einfach furchtbar einen reinkloppen.

2 Antworten to “Ode An Den Vatertag”

  1. Johannes Says:

    Ab der Mitte des 2. Absatz begann der letzte Satz vorhersehbar zu werden.

  2. Schön gesagt. Skål.

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