Irgendwann geht das Licht an, der Vorhang hoch und man findet sich arbeitend. Zur Erheiterung der jüngeren Generationen bemüht man sich hektisch, von der täglichen Erkenntnis abzulenken, dass man Lebenszeit seiner besten Jahre gegen Geld eintauscht – und zwar primär, indem man das derart verdiente Geld für größtenteils unnötige Konsumwaren ausgibt. Soweit das wohlbekannte und gern genommene Konzept.
Jetzt gibt es mehrere Arten von Luxus. Die Akquise von weltlichen Reichtümern führt in immer kürzer werdenden Abständen zu relativem bis herablassendem Gleichmut anstatt Begeisterung bei der Zielgruppe: Den Freunden, die man damit beeindrucken will. Die haben nämlich auch zunehmend besseres zu tun – Kinder großziehen, arbeiten und nachts recherchieren, welcher Weber-Grill wohl den meisten Eindruck auf der nächsten Grillparty schinden wird. Es ist allzu leicht, in eine Spirale von Mehrinvestition zu rutschen. Es juckt mir in den Fingern, mich genüsslich in den Details der Motivationsmechanismen unserer Konsumkultur zu wälzen, aber damit wäre diesem Artikel mehr geschadet denn genützt.
Die Alternative, nämlich, verdient eine ernstgemeinte Evaluation und daher all unsere Aufmerksamkeit. Die Deutschen geben weniger als ein Siebtel ihres Geldes für Essen aus. Meiner persönlichen Erfahrung nach hat das einen klaren Grund – den selben Grund, warum deutlich mehr Fleisch in Theken als beim Metzger gekauft wird und warum seit Jahren Discount- und Systembäcker das traditionelle Handwerk töten: Der deutsche Konsument ist mit ziemlich unterdurchschnittlichem Scheiß zufrieden, solange das ganze nur billig ist. Wie das unmarmorierte, aus Wasser bestehende Abpackfertigkotlett hergestellt wird, wie die Tiere von Geburt bis Schlachtung leiden, wie viele Antibiotika sie fressen, wie die Arbeiter ausgebeutet und unterbezahlt werden und dass das ganze dann von der Ukraine hier hergefahren muss, ist genauso unwichtig wie der nichtssagende, trockene Geschmack, solange. Sie. Nur. Billig. Sind. Diese Mühle dreht sich schon so lange, dass bei einer breiten Masse die Fähigkeit, Qualität zu erkennen und wertzuschätzen bereits verkümmert ist. Meistens direkt entlang der Unfähigkeit, auch einfachste Mahlzeiten ohne ChlorFix für Angstfreie Salzkartoffeln zuzubereiten.
Es geht überhaupt nicht darum, dass es ach so schön ist, reich zu sein und einen exquisiten Lebensstil zu pflegen. Zu allervorderst empfehle ich jedem dringend, Essens-Snob zu werden. Wer sich bewusst ist, was er in seine Eindau-Luke steckt, wer sich Mühe mit der Zubereitung gibt und das Beste aus dem macht, was er hat, der ist besser als seine Brüder und Schwestern. Und ich plädiere dafür, dass er sich auch besser fühlen soll. Wer auf prozessierten Krempel verzichtet und sein Essen selbst zubereitet, der ernährt sich mit großer Wahrscheinlichkeit gesünder. Er gibt weniger Geld an Konzerne und mehr Geld an die Produzenten in seiner Region. Er bildet seinen Geschmackssinn aus und genießt sein Leben. Er ist zufriedener, gesünder und gut für sein Land und seine Mitmenschen. Und gelegentlich – gelegentlich belohnt er sich mit etwas Besonderem.
Ich arbeite viel und verdiene nicht schlecht. Ich habe mich entschieden, mein Geld lieber in gutem Essen und Trinken anzulegen, als dem Trend zum Dritt-BMW zu folgen. Im Folgenden werde ich in dieser schicken neuen Kategorie von meinen Erfahrungen mit exklusiven Genussmitteln verschiedenster Preisniveaus schreiben.