Messervorstellung: Herder 1922 Kochmesser
Ich will in Zukunft einige empfehlenswerte Messer vorstellen. Den Anfang macht heute ein Schmalkropf-Kochmesser von Herder aus der 1922 Serie. Es ist eins der wenigen europäischen Kochmesser, die ich kenne, die aus Kohlenstroffstahl erhältlich sind. Desweiteren ist es in bester Herder-Tradition dünngeschliffen und blaugepliestet.
Ich habe es wie immer beim Messerkontor gekauft, Claudia kümmert sich vorbildlich um ihre Kunden. Mir hat sie extra ein neues 1922 von Herder bestellt, damit ich mit dem Exemplar zufrieden bin.
Die technischen Daten:
210 mm Klingenlänge
43 mm Klingenbreite hinten
3,2 mm Rückenstärke am Klingenanfang
127 mm Grifflänge
195g Gesamtgewicht
Schneidenwinkel ca 20° – 25° mit kleiner Schneidfase
Material: C75W1 im Gesenk geschmiedet
Griff: Kirschholz mit Messingnieten
(frei von albino aus dem Messerforum geklaut, habe keine Messerwerkzeuge hier)
Der Erfahrungsbericht:
Klinge: 98 Punkte
An der Klinge gibt es wirklich nichts auszusetzen, sie ist verzugfrei und gerade, offensichtlich gut verarbeitet und vorbildlich dünngeschliffen. Der Kropf ist der schönste, den ich bis jetzt an einem Messer gesehen hab, genau richtig dimensioniert. Das Material ist vernünftig, es wären noch zwei Punkte Spiel nach oben für etwas längere Standzeit.
Schärfe und Schnitthaltigkeit: 90 Punkte
Das Messer ist scharf und es hält auch die Schärfe. Wenn man als Referenz ein japanisches Messer nimmt, ist der Unterschied aber deutlich. Der Dünnschliff macht beim Schneiden selbst aber die fehlende Schärfe mehr als wett.
Griff: 85 Punkte
Die klassische Fehlerdisziplin von Herder. Wie schon geschrieben, hat Claudia das Messer extra handselektiert, damit es nicht wiederkommt. Trotzdem ist die Verarbeitung nicht perfekt. Die Nieten sind etwas unschön versenkt, es stehen noch ein paar Fasern raus, an der einen Seite gibt es eine Verfärbung im Holz und geringe Spalte sind von oben zu sehen. Allerdings weit besser als die Katastrophe bei meinem Grand Moulin. Ich kann mit diesem Griff leben. Er liegt gut in der Hand.
Im Messerforum wird empfohlen, den Griff mit Öl oder flüssigem Wachs zu vakuumisieren. Ich hatte keinen Zugang zu einem Vakuumgerät, daher konnte ich das bis jetzt noch nicht tun. Diese Maßnahme dürfte die Lebenserwartung des Griffs deutlich erhöhen.
Balance: 98 Punkte
Das Messer ist vorbildlich ausbalanciert.
Gesammteindruck: 95 Punkte
Rechnerisch käme man auf 93 Punkte, aber das Messer ist mehr als die Summe seiner Teile. Es schneidet wirklich vorbildlich, besser als alle anderen europäischen Kochmesser der großen Firmen, die ich kennenlernen durfte.
Man nimmt es einfach gerne in die Hand, es arbeitet sich damit einfach, gut und schnell. Wenn man sich nicht mehr wünscht, ist man wohl zufrieden, oder?
Ich würde es jederzeit wieder kaufen und werde es ab jetzt jedem, der ein Kochmesser im europäischen Stil sucht, als Kochmesserreferenz empfehlen.
Jetzt einige Impressionen.
Vorher muss ich anmerken, dass ich das Messer ausprobiert habe, wobei es schon Patina angenommen hat. Ich habe diese so gut wie es ging auf dem 10.000er Stein wieder runterpoliert, auf dem ich auch die Schneide noch mal feiner gezogen habe, aber dennoch ist die Klinge jetzt nicht mehr so schön, etwas wolkig und ungleichmäßig. Die Tropfen darauf sind Kamelienöl, von dem ein bisschen viel an der Klinge war.
Als es kam, war es perfekt.
Messer in der Kiste
Schneidfase
Fluchtung:
Griff von der Seite & Kropf
Griff von der Seite, ganz
Griffspalte, sehen aber auf diesem Foto wirklich schlimmer aus, als sie sind:
Griffspalte näher, das tut dem ganzen mehr recht
Griffspalte unten, im Prinzip nicht vorhanden:
Und noch einmal die Größe im Vergleich zu meiner Hand
20. Januar 2010 um 15:39
Danke für diese Vorsteller; hervorragende Handarbeit, ich muss wirklich meibn Lob aussprechen, vor allem den Griff mit Öl oder flüssigem Wachs zu vakuumieren macht Sinn, um noch längere Freude zu haben.