Archiv für April, 2012

Ein Beitrag zum Thema „Regenerative Energien“

Posted in Angewandte Wissenschaft with tags , , , on 26. April 2012 by hoegi

Meine Damen und Herren,

wie Sie wahrscheinlich unlängst mitbekommen haben, befindet sich unser geliebtes Vaterland in einer Phase der energetischen Umstrukturierung. Qualmende und vor Kraft strotzende Verbrennungskraftwerke, angefeuert von blanker Energie in Form von jahrmillionenlang gereiftem Kohlenstoff, sind nicht weiter gefragt. Strom muss jetzt grün werden, Nachhaltigkeit, meine Damen und Herren, ist hier das Stichwort.
Viele Versuche wurden in den vergangenen Jahrzehnten unternommen, erneuerbare Energien anwendbar zu machen, nicht immer mit glänzendem Erfolg. Regenerative Energien bringen immernoch zahlreiche Probleme mit sich. Meistens sehen die Anlagen alles Andere als ansprechend aus, die Energien stehen nicht immer vollumfänglich und gleichmäßig zur Verfügung und daraus resultiert dann zu allem Überfluss, dass man die spontan anfallende Energie auch nicht immer vollständig nutzen kann. Zu diesem Zwecke schufen findige Ingenieure schon vor vielen, vielen Jahren die sogenannten Pumpspeicherkraftwerke. Wenn spontan mal irgendwo ein Deut zuviel Energie in das Netz eingespeist wird, werden größere Mengen flüssigem Dihydromonoxids vermittels Pumpwerken durch Stollen bergauf getrieben und dort in einem sogenannten Speichersee gelagert. Fehlt es dann zu einer anderen Tageszeit an Energie im Stromnetz, lässt man das Fluid einfach wieder über einen anderen Stollen den Berg runterdonnern und wandelt die Lageenergie mittels Turbinen und Generatoren wieder in elektrische Energie. Diese Idee ist gut, sie ist praktikabel, leider aber ist sie auch in diesem Lande vollends ausgeschöpft. Die mäßig-durchschnittliche Topographie des deutschen Herrschaftsbereiches erlaubt nur höchstselten die Anlage von künstlich angelegten Bergseen. Das ist schade, allerdings ohne Annektierung weiterer, weitaus bergigerer Gefilde, wie beispielsweise die Schweiz oder Österreich (das hatten wir ja auch schon), nicht mehr zu ändern.
Vor etwas mehr als einem Monat begab es sich dann, dass einem namentlich nicht genannt werden wollendem Ingenieursstudent, in einem bürgerlichem Gartenschuppen Think-Tank, unter Zuhilfenahme diverser Hilfsmittel, eine „bahnbrechende“ Idee in den Kopf schoss. Das Eisenbahnkollisionskraftwerk ward geboren.
Die Idee ist gleichsam clever und genial sowie bestechend logisch:
Zur Veranschaulichung der Idee und zur Begriffserklärung werden wir nun bildlich. Stellen Sie sich bitte die Bahntrasse Münster-Essen vor. Dort verkehrt in weitestgehend willkürlicher Regelmäßigkeit die Rhein-Haard-Bahn RB42. Solch ein Zug der Baureihe 425 hat eine maximale Antriebsleistung von 2,35 Megawatt. Gehen wir zur brutalen Vereinfachung davon aus, dass durch Reibungs-, Strecken- und Luftwiderstandsverluste noch 42% der Antriebsenergie in Bewegungsenergie umgewandelt werden, fährt so im Idealfall noch 1 Megawatt Energie durch die Gegend. Zur Umsetzung der Idee des Eisenbahnkollisionskraftwerkes setzen wir nun voraus, dass dieser Zug ausschließlich aus überschüssiger, nicht weiter verwendbarer, erneuerbarer Energie (Wind, Sonne, Methan, BILD-Zeitungen) befeuert wird. Das erzeugt für den Fahrgast ärgerliche Stop-and-go-Zustände, für die Energiebilanz widerum hervorrangende Werte. In verkehrsgünstiger Lage (ein Pilotprojekt böte sich in Haltern am See an), wird nun ein solches Eisenbahnkollisionskraftwerk errichtet. Sobald der Abruf von Energie von Nöten ist, der unmittelbar zuvor noch in den Antrieb unseres Zuges gesteckt wurde, wird das Konstrukt, bestehend aus einer Prallplatte, Federn, Umlenkrollen, Seilzügen, Getrieben und Schwungrädern mit angekoppelten Generatoren, durch Ein-Euro-Jobber direkt vor dem, idealerweise voll beschleunigten, Zug platziert. Wie dieses Kraftwerk im Detail funktioniert bleibt der Fantasie des Lesers überlassen. Nun kommt der Moment auf den wir Alle sehnlichst warteten: Es macht ein zartes „KRAWUMMS!“ und die Bewegungsenergie des Zuges wird mit einer geschätzten Kraftwerkseffizienz von weiteren 42% als elektrische Energie ins Netz eingespeist. Gehen wir weiter davon aus, dass die Energie etwa 6 Minuten vorgehalten werden kann, könnte man damit rund 7 Einfamilienhäuser ein Jahr lang betreiben. Ein Schlusswort dann noch zum Thema Nachhaltigkeit und „regenerative Energien“: Empirische Beobachtungen haben gezeigt, dass Züge sehr wohl regenerativ sind. Es kommt grob jede Stunde einer.

Pasta al Porcini e Fegato

Posted in Essen & Trinken on 26. April 2012 by Herr Grau

Als allerALLERerstes, vorweg und ÜBERHAUPT: Das hier ist mein 200ster Beitrag! TRÖÖÖÖÖT! Und alle so: yeah.

Zum Jubliäum gibt es eins meiner Lieblingsrezepte. Es gibt, um genau zu sein, etliche auf den ersten Blick ähnliche Varianten von Pastasaucen mit Pilzen und Leber (z.B. Pasta Caruso), allerdings fallen sie alle ausnahmslos mit der Tür ins Haus. Wenn man pro Person mit hundert Gramm Leber und mehr wirft, dann könnte man das ganze auch Leberwurstsauce nennen, denn der Stoffwechselmotor aus dem rechten Oberbauch hat die Eigenschaft, sehr schnell alle anderen Geschmäcker zu übertünchen. Genau wie z.B. auch Sardellen sollte man Leber eher als Gewürz verstehen. Als zusätzliche Dimension im Hintergrund funktioniert sie nämlich hervoragend.

Da ich deshalb immer nur wenig Geflügelleber brauche, habe ich sie eingefroren. Ein handelsübliches Gebinde gereicht dadurch Ewigkeiten. Steinpilze habe ich getrocknet immer im Schrank, H-Sahne und Tomatenpüree gehören eigentlich überall vorätig. Ergo kann ich diese Sauce zu jeder unmöglichen Zeit aus dem Hut ziehen. Wie das geht, kommt nach der Werbung.

Als allererstes werden ein paar getrocknete Steinpilze in heißem Wasser aufgeweicht. Nehmen Sie nicht zu viel Wasser, das wollen wir gleich noch verkochen. Einen Liter in die Gasphase zu bringen stellt sich immer wieder als zeitintensiv heraus. Mit Grammangaben tue ich mich bei getrockneten Pilzen schwer. Ich würde sagen, dass man mit einem EL pro Person hinkommt. Mehr schadet nie, kostet dann aber irgendwann merklich. Derweil die Pilze einweichen, kann man sich frische Pasta machen oder eine Viertelstunde in der Hängematte der Wahl zubringen. So oder so finden wir uns bitte aber in absehbarer Zeit am Herd wieder, wo wir pro Person eine halbe Zwiebel würfeln und dann bei mittlerer Hitze in Butter glasig dünsten. Während das Schalengewächs fröhlich schmurgelt, hacken wir pro Person eine halbe bis eine Geflügelleber. Diese geben wir in die Pfanne, wenn die Zwiebelchen sich der Fertigdünstung nähern – Leber wird immer nur kurz ansautiert, sonst wird sie bitter. Wenn die Leber nach fleißigem Wenden ihre rote Farbe nach etwa einer Minute verloren hat, gießen wir das Pilzwasser mit den Pilzen an und reißen das Feuer auf. Insider halten hier schwunghafte Bewegungen und den Bodensatz des Wassers zurück, das schützt vor dem Extra an Knirsch bei der später hoffentlich folgenden Verköstigung. Wenn das Pilzwasser fast verkocht ist – weniger als ein Drittel sollte es nur noch sein – kommen 125ml Sahne und ein Schuss Tomatenpüree (~ 3-4EL) dazu. Das Ganze darf jetzt einkochen, bis uns die Sämigkeit gefällt. Nudeln aus der Packung sollten zwei bis drei Minuten kürzer gekocht werden, als die Packungsangabe, mit etwas Kochwasser in die Sauce gegeben und noch eine Minute auf dem Feuer kochen gelassen werden. Frische Pasta wird abgetropft und in die Sauce gerührt und nur ein paar Sekunden ziehen gelassen. Kniff des Hauses ist der Einsatz von einer Gremolata, der dem Gericht den wichtigen Aha!-Faktor anzaubert. Für die Gremolata hacken wir Petersilie und pro Person die Schale einer halben Zitrone zusammen und geben die Mischung kurz vor Schluss in mit die Pfanne. Das Zitronenaroma funktioniert hervoragend mit dem erdigen Geschmack der Pilze und hellt das Geschmacksbild merklich auf.

Das Ganze ist übrigens zum Essen. Falls das bis jetzt noch nicht klar geworden war, so sei dem vor Neugier bald platzendem Leser hiermit der letzte Puzzlestein und finaler Schritt der Anleitung an die Hand gegeben. Guten Appetit!

Geld gegen Essen – Altes Gasthaus Lohmann – Poseidon (Münster)

Posted in Geld gegen Essen - Restaurantnörgeleien on 25. April 2012 by bic_mac

(aus Übersichtsgründen vorgezogenes) Prädikat: Naja

Mit diesem Artikel gebe ich meinen Einstand als Autor auf diesem hochgeschätzen Blog, daher bitte ich etwaige Logorrhöe zu entschuldigen. Ist halt mein erster Tag.

Durch die Wirtschaftskrise(TM) sahen sich viele fleißige Westfalen gezwungen, ihre über jahrhunderte in Familienhand befindlichen Gasthöfe zu schließen. Um diese Lokalitäten nun wieder zu vermieten, machte sich der findige Unternehmer eine List zueigen: Er warb in den entlegendsten Winkeln der bekannten Welt für seine Besitztümer, wo Kapital auf seine Investition wartete und wo niemand um die abgeschiedene Lage der Gehöfte wusste. Den dadurch angelockten Gastronomiebetrieben blieb dann nichts anderes mehr übrig, als den Kunden über den Preis zu ködern. Und dies wiederum führte dazu, dass wegen der schmalen Gewinnmarge die Räumlichkeiten nicht renoviert, sondern nur schnell überdekoriert wurden und der rustikale, westfälische Landhausstil erhalten blieb. Dies brachte uns so schöne Kombinationen wie Chinesisch-Westfälische Küche, Mongolisch-Westfälische Küche oder hier Griechisch-Westfälische Küche. So jedenfalls wirbt das Restaurant mit dem klangvollen Doppelnamen „Altes Gasthaus Lohmann – Poseidon“.

Draußen informiert ein im hellenischen Stil gehaltenes Schild über: „Mittagstisch ab 5€“, weshalb der studentische Geldbeutel in Verzückung gerät und man gerne den Weg zur Pforte sucht. Im Foyer erwartet den Besucher ein offener Kamin mit massivem Eichentisch, zur Rechten schließt sich der einladende Theken- und Raucherbereich an, zur Linken erstreckt sich der Speisesaal.

Ernüchterung. Die Einrichtung scheint der Versuch zugrunde gelegen zu haben, möglichst klischeehaft dem griechischen Stereotyp zu entsprechen, ohne dabei mehr als eine Tageseinnahme durch den Mittagstisch auszugeben. Das zumindest ist ausgezeichnet gelungen. Auf jedem Tisch wartet zudem eine Flasche gefüllt mit vergorenen roten Traubensäften aus verschiedenen EG und nicht-EG Ländern mit dem verheißungsvollen Namen „Cuvée Superior“, welche schon durch zu langes anschauen des Etiketts Kopfschmerzen auslösen kann.

Ein Blick in die Speisenkarte verstärkt den lieblosen Eindruck. Die meisten Gerichte kennt man auch von einem griechischen Imbiss, die, die anders sind, sind es nicht viel. Und das endtäuschendste: der versprochene westfälische Teil ist nonexistent! Wie sehr freute ich mich auf einen Strammen Max mit Gyros oder Wurstebrot und Leberbrot mit gefüllten Weinblättern! Aber halt, diese Gaumenfreuden sollen einem verwehrt bleiben.

Was also bleibt ist der Gesamteindruck eines durchschnittlichen griechischen Restaurants mit durchschnittlicher Küche, unterdurchschnittlichem Service und überdurchschnittlichen Preisen. Um es mit den Worten meiner Oma zu sagen: Muss man wissen ob es das wert ist.

Wertung:
Essen:  5/10
Service:  3/10
Sauberkeit:  7/10
Preisgestaltung:  4/10
Ambiente:  6/10

Gesamtergebnis: von 3 von 5 Vanilleeiskugeln mit Senf und Gürkchen

Altes Gasthaus Lohmann – Poseidon
Mecklenbecker Str. 345
48163 Münster

Tel: 0251 / 7475153

Öffnungszeiten:
Mo. Ruhetag, Di. – So. 12:00 Uhr bis 14:30 Uhr und 17:30 Uhr bis 23:00 Uhr

Intercontinentales Frühstück – Buttermilk Pancakes & British Breakfast

Posted in Essen & Trinken on 12. April 2012 by Herr Grau

Wenn zwei Männer dem maßvollen Umgang mit isotonischen Sportgetränken frönen, so kommt es am nächsten Morgen öfter zu unterschiedlichen Ansichten, wie die Individualverköstigung zur Gestaltung zu kommen hat. Selten klafften die Ansichten der stimmgewichtigen Teilnehmer weiter als kürzlich. Nach einer kurzen, aber heftigen Disputation war schnell klar, dass keine Übereinkunft mehr erreicht werden würde: Mir war nach süß, dem Autorenkollegen Högi nach gesalzen Fleisch. Wir entschlossen uns also zur Zubereitung von Ein-Teller-Glaubensmanifesten. Entsprechend darf sich der Text auch in zwei Teilen finden, die vom entsprechenden Fürsprecher mit wohlgesotten Rede garniert wurden.

Buttermilk Pancakesby Herr Grau

Der Englischamerikaner hat ja ein untrügliches Talent dafür, Zucker in immer neue, unverschämt leckere Formen zu bringen. Der Pancake nimmt unter den kompromisslos gesunden Speisen der Diner einen der traditionellsten Plätze ein. Sündig lechzt einen das fluffige Pfannenbackwerk an, es mit Süßigkeiten zu liebkosen und damit zu dem unwiderstehlichen Sukkubus aus luftiger Chewyness und Süße zu machen. … Ja, ich mag diese Dinger etwas zu sehr…


Wie geht das ganze nun von statten? Man nehme pro Person 1 Ei, 2 EL geschmolzene Butter, 150ml Buttermilch, 90 g Mehl, 1 EL Zucker, 1/4 TL Natron und eine kleine Prise Salz, schlage Eier, Butter und Buttermilch mit dem Schneebesen zusammen und mische sodann dies mit dem Rest der Zutaten zusammen, aufdass keine Klumpen mehr darin seien. Dann soll die Mixtur eine Viertelstunde stehen, damit das Mehl quellen kann. Dass man die Pancakes dann in einer recht heißen Pfanne mit wenig Öl ausbackt, erklärt sich eigentlich selbst. (Danke an Cruiser aus dem GSV-Forum für das Rezept)

Ich persönlich kann mit Ahornsirup nicht so viel anfangen. Die deutsche Antwort, der Steckrübensirup, hat mit mir auch eine etwas komplizierte Beziehung. Also griff ich auf eine andere Lösung zurück: Schokostreusel.
Es bleibt nur noch einmal zu betonen, wie lecker diese Dinger sind. Und wie sie dem katerschweren Morgen mit süßer, warmer Umarmung den Schrecken zu nehmen wissen. Um es mit Soule Smith zu sagen: „Who has never tasted one, has lived in vain.“

The English Breakfast – by Högi
Ah, yes… quite pleasant meal ´twas indeed! Wie schon Obelix seinen Leitspruch passenderweise adaptierte („die Spinnen die Briten“), so trifft das auch noch rund zwei Millennien später auf dieses seltsame Inselvolk zu. Man kann den Briten viele berechtigte Vorwürfe machen, insbesondere auch im kulinarischen Bereich, jedoch bestätigen Ausnahmen ja gerne mal die Regeln. Abgesehen vom legendären British Breakfast kann man deren Küche getrost als abscheulich, widerwärtig, abstoßend und ekelerregend bezeichnen. Aber das Frühstück… Manchmal sagen Bilder ja auch mehr als tausend Worte:

Im Uhrzeigersinn, beginnend bei High Noon, finden sich auf dem Atkins´schen Frühstücksteller folgende Speisen wieder: eine Bratwurstschnecke, eine handvoll Bacon, gebratene Champignons, sowie zwischen 9 und Mitternacht gleichermaßen ein dreifaltiges Rührei nebst Cevapcici in Ermangelung des Enthusiasmus´ ein eigenes Hackbulletenprodukt zu erzeugen. Es steht zur Debatte, ob solch eine Platte in der Form jemals jenseits des Ärmelkanals auf einem Frühstückstisch gelandet sei, fest steht aber, dass der Geist der Sache vollständig befriedigt ist. Speisen, die früh am Tage schon aus Fett an Fett auf Fett bestehen und den Magen früh mit Lubrikantien versorgen (Vgl. Dr. Hittichs Gastro-Neoalginat: „Schmiert den Magen und beschleunigt die Verdauung immens!“).
Fazit: Fett ist gut, viel Fett ist besser!

Ernsthaftes Backen – Amy’s Crusty Italian Loaf

Posted in Essen & Trinken on 7. April 2012 by Herr Grau

Eine nette junge Frau namens Amy Scherber sitzt in einem großen Apfel in ihrer Bäckerei. Wenn sie nicht ein Batallion Navy Seals von der Bevölkerung trennen würde, so gäben die dünnen, liebevoll gestalteten Wände unter dem Druck dagegendrückender Körper einfach nach und von Amy’s Bread wäre nicht mehr viel übrig. Glücklicherweise ist aber bekannt, dass wenn ein ausverkauftes Buch für hunderte Dollar gehandelt wird, die Urheberin vermutlich wertig ist und gefördert gehört. Im Fall des Staates New York heißt das mehrere Meilen Personenleitstacheldraht – in meinem Fall heißt das Beschäftigung mit ihrem Schaffen.

Über foolforfood bin ich über das Rezept mit dem Titel “ Amy’s Crusty Italian Loaf“ gestolpert. Jetzt muss der unbedarfte Leser wissen, dass ich bei einer bestimmten Art Brot anfange, inkohärent zu brabbeln und sabbernd gegen Wände zu laufen. Um genau zu sein italienisches Weißbrot mit luftiger Krume und charaktervoller, aromatischer Kruste. Und wie es der Zufall wollte, wurde ich unverhofft in den Besitz einer Küchenmaschine gesetzt, die mich vorwurfsvoll anstarrte und aufforderte, sie zu benutzen. Diese beiden völlig zufälligen Ereignisse brachten mich dazu, endlich mal wieder in Aktion zu treten und den Backofen zu schwingen.

Also. Damit ich nicht völlig nutzlos bereits bekanntes wiederhole, will ich wenigstens das Rezept ins Allemanische übersetzen, eine Fleißkärtchenaufgabe, mit der Claudia sich nicht aufgehalten hat.

Um den Vorteig herzustellen, verrührt man 170ml warmes Wasser, 1/8TL Trockenhefe und 225g normales Weizenmehl mit einem Holzlöffel, bis er er glatt und elastisch ist. Der Konsistenz halber mag es Sinn machen, die Arbeit mit einer .. sagen wir mal Knetmaschine zu machen, die bei mittlerer Geschwindigkeit etwa ein bis zwei Minuten für die Aufgabe braucht. An diesem Punkt kann man grob zwei Dinge tun: Wenn man den Teig später am Tag machen möchte, lässt man den Vorteig abgedeckt 6 bis 8 Stunden bei Raumtemperatur stehen. Er wird dabei sein Volumen etwa verdreifachen. Wenn er anfängt, wieder zu kollabieren, ist er perfekt. Alternativ kann man den Vorteig abgedeckt in den Kühlschrank stellen und mindestens 14 Stunden dort gehen lassen. Wenn man diesen Weg geht, so sollte der Hauptteig nur mit warmem Wasser zubereitet werden, um die Kälte des Vorteiges zu kompensieren.

Dann geht’s an den Hauptteig. Man nehme einen 3/4TL Trockenhefe, löse ihn in 50ml warmem Wasser auf und lasse das ganze 3 Minuten stehen. Dann fügen wir den Vorteig hinzu und 230ml Wasser – warm, wenn der Vorteig kalt ist, kalt, wenn er Zimmertemperatur hat. Es gilt, den Vorteig im Wasser vermittels gekonntem Rühren zu lösen. Die Fachfrau aus Übersee empfiehlt, die eigenen Finger als Instrumentarium zu verfremden. Ich hab es auch einfach mit der Küchenmaschine gemacht… Wenn die Geschichte gut aussieht, werden 450g Weizenmehl mit einem EL Salz vermischt und in die Flüssigkeit hineingerührt und der daraus entstehende Teig 5 Minuten geknetet. Der Teig ist an dieser Stelle klebrig und feucht, man sollte sich nicht zum Zufügen von viel zusätzlichem Mehl verleiten lassen. Ich hatte das Problem nicht – der Teig war zu unserer aller großen Überraschung immer noch in der Maschine. Wenn diese Knetphase um ist, wird der Teig mit einem eingeölten Stück Klarsichtfolie abgedeckt und 15 Minuten ruhen gelassen. Während dieser Zeit passiert so genannte Autolyse, wir stehen also andächtig daneben und huldigen der Chemie, die so tollen Dingen derart wunderbare Namen gibt. Nach der Ruhezeit wird der Teig erneut für 5 Minuten geknetet, bis er seidig ist. Der Teig wird dann grob zu einer Kugel geformt, in eine geölte Schale gepackt und darin gewendet, sodass er auch von allen Seiten ölig ist. Die Schüssel wiederum decken wir mit geöltem Celophan ab und lassen sie bei Raumtemperatur für eine Stunde stehen. Jetzt muss der Teig mindestens für 8 Stunden in den Kühlschrank. Mehr ist allerdings kein Problem – wenn man den Teig irgendwann mal lagern will, dann ist jetzt der Zeitpunkt.
Zielgerade! Teig aus dem Kühlschrank nehmen und ein bis zwei Stunden stehen lassen, damit er Raumtemperatur annimmt und wieder anfängt, richtig zu gehen. Dann eine Arbeitsfläche reichlich bemehlen, Teig darauf fallen lassen und in drei möglichst gleich große Teile schneiden. Jedes Stück wird locker etwas flach gedrückt, wobei ein wenig die Luft entweichen soll, zu einem Rechteck gezogen und dann zu einer Rolle eingerollt, die etwa 30cm lang sein sollte. Die Laibe werden dann mit ausreichend Platz zum Gehen und der Rollkante nach unten auf eine großzügig bemehlte Arbeitsfläche gelegt und abgedeckt. Ich habe sie bemehlt und ein Leinentuch dafür verwendet, Frau Scherber zitiert wieder ihre geölte Plastikfolie her. Die Gare dauert eine Stunde.

Dreißig Minuten vor Ablauf dieser Frist heizen wir unseren Ofen auf 250°C auf. Glücklich, wer einen Backstein hat – das beste, was ich tun konnte, war ein Blech sehr heiß werden zu lassen. Wie man die Laibe schließlich in den Ofen bekommt, ist eigentlich fast egal. Wichtig ist nur, dass jetzt die Naht wieder nach oben kommt, die Laibe müssen also einmal umgedreht werden. Bevor sie in den Ofen kommen, wollen sie allerdings noch mal leicht an sechs Stellen gedrückt werden. Es soll dabei aber nicht zu viel Luft entfleuchen. Nein, ich denke mir das nicht gerade aus. Gedrückt werden. An sechs Stellen. Do it.
So, jetzt aber! Ab in den Ofen. Das Brot verlangt sofort nach ordentlicher Besprühung, acht bis zehn ordentliche Ladungen mit einer Sprühflache (ich nahm das Bügeldings), Klappe zu. Nach einer Minute noch mal sprühen und erneut nach einer weiteren. Nach zehn Minuten Backzeit wird die Temperatur auf 230°C gesenkt, nach etwa 15 weiteren Minuten sind die Brote dann fertig. Sie sollten beim Klopfen gegen den Boden hohl klingen. Niemand möge sich übrigens vor der recht braunen Farbe der Kruste fürchten – die muss so sein, sie wird beim Auskühlen wieder etwas weicher. Vor dem Anschnitt gehört das Brot mindestens 30 Minuten ausgekühlt.

So. Das war doch gar nicht so schwer. Also äh.. Im Vergleich zum Bau einer Touringbombe oder dem Erlernen des Winkeralphabets zumindest. Aber. Aaaaaaaber! Das Brot!.. Was soll ich sagen? Fantastisch. Grandios. Kruste knusprig, aber nicht hart, Krume ein Traum in weicher Mundfüllung. Das ideale Brot, soll man meinen. Zumindest großartig genug, den Aufwand problemlos wert zu sein.