Archiv für Februar, 2014

Geld gegen Essen – Boccadoro (Göttingen)

Posted in Geld gegen Essen - Restaurantnörgeleien on 24. Februar 2014 by Herr Grau

(aus Übersichtsgründen vorgezogenes) Prädikat: Wunderbar

boccadoroBis jetzt war die Szene der italienischen Restaurants in Göttingen schlicht und einfach ziemlich bemitleidenswert. Ein paar Klischeeitaliener gibt es, einige sind ganz erträglich, aber im Endeffekt mussten sich alle sogar vom Vapiano ausstechen lassen. Das ist hat jetzt zum Glück ein Ende.

Dario Ciniglio ist gerade mal 23 Jahre alt, aber er kann kochen. Er hat seine Ausbildung im Gauss bei Jaquelin Amirfallah gemacht, dem einzigen Restaurant in Göttingen, das wenigstens irgendwann mal einen Stern hatte. Trotz seines jungen Alters hat Dario das Risiko auf sich genommen und mit viel Geld in den Räumen des alten Cartoons am Albanikirchplatz eine schön und hell eingerichtete, kleine Trattoria eröffnet. Während der Sohn hinten kocht, macht Vatter Salvatore vorne den Service und er schafft es dabei, freundlichen italienischen Charme zu versprühen ohne kitschig zu wirken. Punkte für Klasse rundum. Die Atmosphäre ist gelassen und unaufregt, aber durchaus mit einem gewissen Standard, der sich nicht aufdrängen muss. Einige Sachen verstehen sich einfach – ordentliche Gläser, schöne Teller, sauberes weißes Leinen. Der Service ist durchgehend flott, freundlich und flexibel. Das Essen kommt schnell und ist ohne Ausnahme von durchgehend sehr guter Qualität. Das Rad wird hier bestimmt nicht neu erfunden, stattdessen gibt es einfache, gute Dinge makellos ausgeführt – mir persönlich deutlich lieber als an ihrem Anspruch krepierende Prätention. Eine ordentliche Weinauswahl komplimentiert das Menü.

Alles, was man im Endeffekt sagen muss, ist, dass ich in den letzten drei Wochen seit meiner Entdeckung des Restaurants inzwischen vier mal da gewesen bin und alle meine Freunde schon dorthin geschlört habe. Ehrlich, persönlich, angenehm, charmant und qualitativ hochwertig – was will man mehr?

Wertung:
Essen: 9,5 /10
Service: 9,5 /10
Sauberkeit: 10 /10
Preisgestaltung: 8 /10
Ambiente: 9 /10

Gesamtergebnis: 5 von 5 Vanilleeiskugeln mit Senf und Gürkchen

Restaurant Boccadoro
Albanikirchhof 5-6
37073 Göttingen
Telefon: 0551-79778545

Öffnungszeiten: Dienstag bis Samstag 12 – 15Uhr und 18 – 22Uhr, Sonntag 18 – 22Uhr

Braufactum Colonia

Posted in ... weiter nichts als Bier on 22. Februar 2014 by Herr Grau

IMAG1267Weiter geht es im Braufactum-Programm. Dieses mal wenden wir uns dem „Colonia“ zu, einem Bier, das ich zuerst für ein Kölsch hielt (entsprechende Ressentiments natürlich schon scharf gemacht) – schuldhaft fälschlich, wie sich gleich rausstellen wird.

Art: Bitterbier, 5,5% Alkohol

Geschmack: 8,5 Punkte
Schaum fällt zügig zusammen. Blume von leichter Herbe. Antrunk fruchtig mit leichter Süße, dann mittelkräftiger Hopfen, der schnell sein Maximum erreicht, dann aber auch recht flott wieder verschwindet. Feinperlige, sauber dosierte Kohlensäure, die lang heraus reicht. Insgesamt ein sehr süffiges und spritziges Bier, das man ernorm gut trinken kann, ohne dass es je wässerigen Charakter entwickeln würde.

Preis: 1 Punkt
Nichts Neues. Mit 2,49€ pro 0,355l-Flasche zwar mit das günstigste Bier im Braufactum-Programm, aber immer noch deutlich zu teuer.

Flasche: 8 Punkte
Die Damen und Herren bei Braufactum haben definitiv Sinn für schlichtes, modernes Design. Zeitlos? Nicht. Aber passend.

Gesamt: 8 Punkte
Was soll ich sagen, ich habe diesem Bier unrecht getan. Ich dachte, es sei ein Kölsch .. der Name, zugegebenermaßen, suggieriert das stark. In Wirklichkeit ist es einem Lager vom Charakter deutlich ähnlicher. Es soll ein „rheinisches Bitterbier“ sein, also das Nachfühlen eines Kölsch-Urahns. Der Name „Bitterbier“ und die Ankündigung seitens des Hersteller, dass es äußerst bitter sei, liegen aber neben der Realität, da es nicht übermäßig stark, sondern sehr ausgewogen gehopft ist. Es bringt eben das mit, was Kölsch traditionell immer fehlt: Charakter. Insgesamt muss man sagen, dass der Preis eine Schande ist, da ich stark positiv überrascht bin und das Bier eigentlich gerne häufiger getrunken hätte.

Braufactum Firestone Pale 31

Posted in ... weiter nichts als Bier on 13. Februar 2014 by Herr Grau

IMAG1265rezDer Strom an Fahl-Bieren von Braufactum reißt nicht ab. Insgesamt ist das die dritte Ausfertigung dieser Gattung, die mir unter dem Premium-Bier-Label unter die Finger gekommen ist. Wieder mal ein Importbier aus Amerika, dieses mal allerdings aus dem fruchtbaren Californien, das sich ja bekanntermaßen ein sehr ähnliches Klimat mit dem Mittelmeerraum teilt. Dann mal Antrunk.

Art: Pale Ale, 4,9%

Geschmack: 7,5 Punkte
Krone fällt schnell zusammen, hinterlässt aber eine leichte, sich haltende Schaumdecke. Blume mit Holundernoten, aber primär einer deutlichen Wacholderdominanz. You had my curiosity, now you have my attention. Antrunk mit schnell abebbender, sehr feinperliger Kohlensäure und sofort einsetzendem, kräftigen Hopfen, dessen intensiver Peak relativ schnell wieder abflacht, dann aber unterschwellig erstaunlich lange im Mund verbleibt, dabei im Geschmack aber so gut wie nicht unangenehm wird. Die vom Hopfen stammende Wacholdernote schwebt etwas nach, lustige Sache. Untermauert ist das ganze von einer unterschwelligen Süße, die die Herbe zwar nicht ausbalanciert, aber dennoch immerhin kontrapunktiert. Insgesamt ergibt sich der Eindruck eines recht substanziellen Biers für ein Ale.

Preis:  1 Punkt
Bei 2,99€ die 0,355L-Flasche kommt natürlich wieder ohrenbetäubendes Stöhnen auf. Das ist man ja bei Braufactum gewohnt, schließlich ist das ihr designiertes Geschäftsmodell.

Flasche: 7 Punkte
Das Stubbelchen ist nicht hässlich, aber auch nicht ausgemacht hübsch.

Gesamt: 7 Punkte
Ich finde das Bier schon amüsant, das kann man nicht anders sagen. Für jeden Tag ist es sicherlich nichts, nicht nur des Preises wegen, sondern allein auch, weil ich gerne meinen Wacholder getrennt von meinem Bier zu mir nehme.

Braufactum Brooklyn Lager

Posted in ... weiter nichts als Bier on 6. Februar 2014 by Herr Grau

IMAG1262Ein weiteres Bier aus dem hier bei dem Schwesterbier aus gleichem Hause besprochenen Braufactum-Sortiment. Es kommt aus Brooklyn (steckt ja schon im Namen, gell?..) und ist natürlich einmal mehr sehr teuer. Was, also, kann diese Varietät?

Art: „Amber Lager“, 5,0% Alkohol

Geschmack: 8 Punkte
Mittelmäßige Blume, leichter Bernsteinton. Dezenter Holundergeruch. Feinperlige, recht langgezogene, angenehme Kohlensäure, dann eine leichte, körperliche Süße, die relativ schnell von einem dann ansteigenden Hopfen umfangen und schließlich abgelöst wird. Der Hopfen ist deutlich, wird aber nie zu viel oder unangenehm im Geschmack, obwohl er sich durchaus etwas nach hinten auszieht. Die Hopfennoten nehmen deutlich das Holunderige der Nase auf. Nach hinten heraus leider geringgradiger alkoholischer Geschmack. Insgesamt bringt das Bier seine Kühle und Süffigkeit gut herüber.

Preis:  1 Punkt
Die 0,355L-Flasche kommt einmal mehr zu 2,99€. Das ist natürlich eine absehbare Katastrophe.

Flasche: 7 Punkte
Anders als die üblichen, wertigen Braufactum-Flaschen kommt dieses Bier in einer nicht unwertigen, aber irgendwie dahergelaufenen Flasche daher. Amerikanisch, ganz klar. Sieht aber durch das dunkle Grün einen Deut besser aus als die vom Pale Ale.

Fazit:  7,5 Punkte
Im Gegensatz zu seinem Geschwisterchen, dem Pale Ale, aus gleichem Hause ist hier der Hopfen vernünftig ausbalanciert. Das macht das G’söff direkt anderthalb Saarland (offizielle IS-Einheit) schmackhafter. Insgesamt ist das durchaus ein Bier, was ich absolut in die engere Wahl regelmäßig getrunkener Cervisiate nehmen würde. Würde es nicht auf den Kopp vierzehn mal so viel kosten wie Paderborner. Und ich Holunder mögen würde. Trotzdem: Immerhin keine völlige Bauchlandung.

Game of Kings

Posted in Game Of Kings on 3. Februar 2014 by bic_mac

Bedingt durch die Tatsache, dass ich einen Großteil meines Genmaterials mit dem 3-Zehen-Faultier teile und verstärkt dadurch, dass ich eine hervorragende Ausbildung im Ausreden vor sich selbst finden habe, brauchte ich eine kleine Zeit, bis auch ich mich durchringen konnte meine guten Vorsätze zur erneuten Umrundung des Mittelpunktes unseres Sonnensystem in die Tat umzusetzen. Einer dieser Vorsätze ist es, hier eine neue Kategorie zu eröffnen!

Wie der Name „Game of Kings“ bereits vermuten lässt sollen in dieser Kategorie Spiele getestet werden. Genauer gesagt: Spielflächen.
Aber vorneweg: Ein Ausflug in die Geschichte dieses großartigen Sportes: Die Wenigsten wissen: Im Jahr 1623, nach einer schmutzigen Hetzkampagne, initiiert durch Lord William Arthur Golf III., musste der walisische Hufschmied Jamesworth Farnsborough Minieux-Golf, seines Zeichens Schwager des Lords, sich mit seiner revolutionären Weiterentwicklung des Golfsports, welcher von Golf III. erfunden worden war und sich bei der „Upper Class“ großer Beliebtheit erfreute, ins Ausland, nach Witten-Herdecke absetzen. Die Geschichte lehrt uns, welch glückliche Fügung dies war. Im Kontinentaleuropa frohlockte das präindustrialisierte Proletariat über die Möglichkeit, nun endlich eine erschwingliche Alternative zu Golf, Cricket, Pétanque und Prince of Persia zu haben. Der geneigte, in Medienkompetenz geschulte Leser hat längst erkannt, um welche Sportart es sich handelte: Über die Jahrhunderte vollzog sich der etymologische Wandel des Ursprungsnamens Minieux-Golf zum heutigen „Minigolf“.
Die Regeln sind in ihrer Urfassung auf der Rückseite der Verfassung von Mazedonien sowie auf dem Rand eines jeden 5ct Stückes nachzulesen und haben sich bis heute nicht geändert:

  • 6 Schläge pro Bahn, jeder Schlag 1 Punkt (bei Überschreiten: 7 Punkte)
  • Hindernisse sind korrekt zu überspielen (Ausnahmen bei besonderer Schönheit der Hindernisumgehung möglich)
  • Der Ball darf bei Bedarf eine Schlägerbreite vom Rand weggelegt werden
  • Der Spieler mit den wenigsten Punkten gewinnt
  • Alkoholische Getränke mit einem Alkoholgehalt über 15 Volumenprozent dürfen erst nach Spielende konsumiert werden
  • Wucher wird nicht geduldet
  • Die Spielstätten sollen reyn gehalten werden, ihr Zustand solle stehts neuwertyg oder besser seyen.

Dies sind die Regeln und an diesen müssen sich alle messen lassen. Alle diese Stätten, welche mit „Minigolfanlage“ werben, sollen aufgesucht, gemessen und gewogen werden, auf dass ein Urteil über sie gefället werde. Die Ergebnisse sollen an dieser Stelle publizieret werden.

Eine kulinarische Reise durch .. Höxter

Posted in Geld gegen Essen - Restaurantnörgeleien on 2. Februar 2014 by Herr Grau

Okay, vielleicht sollte man einfach nicht versuchen, in einer ostwestfälischen Kleinstadt essen zu gehen. Scho recht. Aber wenn man dort eben zum Arbeitsdienst abgestellt ist und in einem Zimmer ohne mit modernen Messmethoden feststellbaren Kochmöglichkeiten einquartiert ist, so sieht man sich in offenkundiger Not. Es ist nämlich so, dass man oben Essen einfüllen muss, gleich der Umstände. Die Krankenhauskantine bot zwar ein Assortment von mindestens zwei frittierten Speisen, aber auf Dauer treibt es einen dann doch in die wartenden Arme der ansässigen Gastronomen. Als guter Deutscher suchte ich natürlich auf allen einschlägigen Internet-Portalen Kritiken heraus. Soweit nicht anders angegeben, haben irgendwie alle Restaurants der heutigen Zeit fünf Sterne. Gefühlt sogar mehr. Wie es um diese Bewertungen steht?
Zur Sache also, auf dass ein für alle mal geklärt sei, warum Ostwestfalen von der kulinarischen Landkarte gestrichen werden darf.

Pizzarella, Obere Mauerstraße 9
Die Kritiken waren wirklich vielversprechend. „Super“ sei’s bei „dem Olli“, da könne „jeder Italiener einpacken“. Ich stand noch am Anfang meiner Reise und suchte den Laden mit einer gewissen freudigen Erwartung auf. Ich mag Pizza, wer dieses Blog auch nur ein bisschen liest, weiß das. Okay, ich bin obesessiv – schuldig. Und mit „netter, einzelner, liebevoller Pizzabäcker“, „schöner Fachwerkbau“ und „Holzofen“ waren bei mir alle wichtigen Worte gefallen, um die Hormone in Wallung zu bringen. Entsprechend war die Erwartungshaltung: Was kann bei so einer Konstellation schon schief gehen! Naja .. alles, wie sich rausstellen sollte.
Gutes zuerst: Der Laden ist wirklich wunderschön, der Besitzer (es ist wirklich eine One Man Operation, normalerweise kriegt man dafür von mir schon die Gloria gesungen) ist freundlich, es brennt ein hübscher Holzofen. Aber .. meine Augen täuschen mich doch nicht? Unter 250° zeigt das Thermometer. Und: Was bei Zeus mächtigen Bart reitet bitte diesen Täter, Vollkornpizza zu servieren? Weiß .. weiß der denn nicht, dass das nicht funktioniert? Nicht funktionieren kann?! Ein böse Ahnung beschleicht mich, aber da ich schon bestellt habe, beschließe ich, dem Schicksal eine Chance zu geben. Wie erwartet braucht die Pizza fast 20 Minuten und ist dann völlig vertrocknet. Der Vollkornteig ist ein kompakter Keks, denn der Mangel an Gluten macht es unmöglich, damit luftige Böden hinzukriegen. Backen 1-0-1, das. Dass der Schinken kleingeschnittene Pressware ist, macht die Sache nicht unbedingt besser. Wie gesagt: Der Fall ist ob meiner Erwartungen besonders tief, ich war den Tränen nah. Abschließende Gedanken: Naja, immerhin das Bier ist gut (König Ludwig). Kann der rurale Fale eben nicht Pizza backen. Hätte man auch eher drauf kommen können.

Pizzeria La Casa, Am Markt 5
Okay, wenn es der Ostwestfale nicht kann, vielleicht der universell gut bewertete Italiener in der Innenstadt? Ich komme an und ein rappelvoller Laden verspricht, dass es hier etwas zu haben hat. Ich mach das mal kurz: Imbisspizza. Metro-Teiglinge in Schwarzblech mit überwürzter Tomatensauce und Gouda. Ich wollte schreien. Wenn der Allemanne das Wie nicht weiß, aus reiner Ignoranz, dem schieren genetischen Unvermögen, dann ist das eine Sache. Aber eine italienische Familie, die sowas tut, DIE tut das wissend. Keine Entschuldigung, keine Gnade. Sprengen, den Laden.

Restaurant Lion, Stummrigestraße 14
Mein Mut, noch einmal italienisch zu probieren, lag wimmernd am Boden (und die einzige Pizzeria, die ich noch zu probieren gewillt gewesen wäre, das „dell’Arte“, hatte Betriebsferien). Es musste also was anderes her. Warum nicht einmal kräftige Halse und ab in die Richtung .. Thailändisch / Indisch?.. Wenn sowas dran steht, warum drehe ich eigentlich nicht auf dem Absatz um und mache was anderes, sinnvolleres? Dachrinne sauber, beispielsweise? Es muss der Zwölfstundentag gewesen sein, der mir derartig das Hirn vernebelt hatte, dass ich mich an einem Montag (von allen Tagen!) dort einfand. Ich war vorerst der einzige Gast. Auch das gibt zu denken, aber ich bestelle trotzdem mutig ein Lammcurry. Die Gewissheit über das, was sich demnächst im meinem Leben zutragen wird, habe ich, als kurz nach dem Verschwinden des Kellners lautstark eine Mikrowelle angeht. Es gesellt sich noch ein Lehrerehepaar in den Speisesaal und macht leider das Dach auf. Es purzeln also fröhlich axtmordbefördernde Dummheiten durch den Raum, während ich auf mein s.g. „Essen“ warte. Die kurz nach dem verräterischen „Ding“ des Wellenherds aufgetragene Schale enthält etwas grob Rotbraunes mit irgendwie Fleisch. Schmeckt ambulant nach gar nichts, alles. Der einzige Grund, warum ich unverzogener Miene die 14€ für Speis wie Trank löhne, ist die grimme Gewissheit, dass die bei Crôm verfluchten Lehrerersatzextraktdarsteller das gleiche werden über sich ergehen lassen müssen. Das „Ding“ verrät’s.

Dynastie, An der Kilianikirche 12
Was also tun, beim Schöpfer, dem allmächtigen und schelmisch auf mich grinsenden? Asiatisch. Das geht immer. Ich habe natürlich mal wieder die Rechnung ohne den Wirt gemacht. Das Buffet, in dessen Richtung wir rüde gedrängt werden, sieht mit seinen fahl beleuchteten Warmhaltetheken und dem darin vor sich hinschwitzenden Pamps so unappetitlich aus, dass wir ála Carte bestellen. Das Essen ist zwar irgendwie .. essbar, aber nichts, worüber man ein Wort verlieren würde. Und dass die Bedienung wirklich ausgemacht schlecht und unfreundlich ist, versteht sich ja fast von selbst. Das gehört in Ostwestfalen so.

Ritmo, Weserstraße 11
Von meinem Oberarzt bekam ich die Empfehlung, mir mal das Ritmo anzuschauen. Dort solle man angeblich Tapas bekommen und außerdem sei es da schön. Dieses selbstbehauptete „andalusische Restaurant“ findet sich im Ratskeller. Höxter hat eine Menge traumhafter Altbauten und dieser Gewölbekeller ist sicherlich eine der Kronen. Und wie immer, wenn es ein Stück wundervolle, altdeutsche Architektur gibt, kommt irgendeine Arschgeige und stellt Palmen und kitschige pseudospanische Kunstsurrogate rein. Und verkauft dann da zu überteuerten Preisen tapa-ähnliche Dinge. Okay, der Service ist nicht schlecht. Und dass Tapas nicht wie in Andalusien umsonst sind, daran hat man sich ja auch schon gewöhnt. Hier darf man sich denn aber für reichlich, reichlich Schotter diverse, supereinfache und deutlich zu sauer angemachte Bohnen oder Sardinen oder diverse frittierte Kleinigkeiten aussuchen. Wir hatten auch noch den schlechten Sinn, eine Paella zu bestellen, die mit „pampige Reispfanne ohne nennenswerten Geschmack“ recht vollständig beschrieben ist. Hab ich erwähnt, dass es sehr teuer ist?…

Strullenkrug, Hennekenstr. 10
Wat, also, fragt man sich, kann der Ostwestfale? Doch wohl gutbürgerlich wenigstens? Ein Schnitzel über das heiße Fett feuern, ist das wohl schaffbar? Ich nehme an einem sehr sonnigen, äußerst wohlfeilen Spätnachmittag im Biergarten Platz. Es ist sehr gut besucht und sehr schön. Die Resignation in meinem Magen getraut sich sogar einen vorsichtigen Schritt zurück. Ja, Schnitzel, Kroketten, Rahmsauce. Alles frittieren außer die Sauce, bitte, und ausreichend. Den Aufpreis für Kalbsfleisch nehme ich auf mich, ich will es wissen. Es dauert schon etwas, dann kommt es meiner Wege. Das Schnitzel ist zu klein und dick, aber noch in Ordnung. Die Sauce ist zu wenig, aber noch in Ordnung. Die Kroketten sehen sehr gut aus. Ich genieße die Sonne und das Treiben und esse mit einstudiertem Gleichmut mein Schnitzel. Unter meinen Erwartungen, deutlich unter meinem Standard, aber für Höxter ziemlich gut! Das ist auch der Grund, warum ich dort ein zweites mal mit Freunden einkehre – schiere Alternativenlosigkeit. Dabei muss ich leider das Buffet unter meine Augen nehmen, bei dem es mir einmal mehr ein bisschen anders wird. Die Bestellung des Bekannten und Erprobten bringt oben genanntes Mahl, diesmal aber sans ausreichend frittierte Kroketten. Was soll ich dazu noch sagen?

Höxter ist eine erstaunlich schöne Stadt. Dieser gesamte Bereich Deutschlands scheint auf Grund von durchschlagender Bedeutungslosigkeit völlig vom Krieg verschont worden zu sein. Entsprechend ist jedes zweite Haus in der Innenstadt richtigerweise denkmalgeschützt. Leider kann man offensichtlich einfach nicht essen gehen. Die örtlichen Restaurantbesitzer nudeln mit einer Boshaftigkeit nicht wenig ähnlich sehenden Determination furchtbarsten Fraß in die das Procedre scheinbar großartig findenden Höxteraner, dass es nur so schallt und johlt. Entsprechend darf ich dann wohl doch dankbar sein, dass mein Aufenthalt zeitlich befristet war und schließlich zu einem glücklichen und verdienten Ende kam, bevor die oben umrissene Realität meiner Existenz ein ebensolches bereiten konnte.