on 20. Juni 2013 by hoegi
Heute erwartet euch und mich eine ganz besondere Spezialität aus der Welt des Hopfengenusses. Vor mir steht ein flaschengegorenes, zumindest in lokal hier in Aachen vertriebenes (wer weiß wo es gebraut wird), Spezialbier mit 7,7 Vol.-%. Laut Herstellerseite wird das Bier auch tatsächlich nach Aachener Familienrezept hergestellt, also behaupte ich blindlings einfach mal, dass es sich um ein absolut lokales (und damit sehr löbliches) Getränk handelt. Das Trinkgefäß der Wahl scheint ein Trappistenglas zu sein, daher schwenke ich noch weiter aus und behaupte, dass es sich hier um eine Art Trappistenbier handelt, und wenn doch nicht, dann wenigstens um ein Bier nach belgischer Machart. Das kann gut, kann aber auch fürchterlich sein. Onward!

Der Öffnungsvorgang hat bringt in seiner Durchführung eine nicht verachtenswerte Hochwertigkeit mit sich. Ein Bier mit Korken, das hat man nicht alle Tage. Es sei dazu gesagt, dass das die Haltbarkeit des Bieres drastisch beeinflusst: seit November 2012 schlummert die Flasche in meinem Kühlschrank, die Haltbarkeit ist auf Mai 2014 festgelegt.
Der Einguss des Bieres gestaltet sich überraschend. Statt einer sämig-schaumigen Konsistenz wartet das Sanctus mit einer eher sekthaften Perligkeit auf. Der Schaum entfaltet sich flockig und leicht, zerfällt aber auch ebenso schnell wie er entstand.
Der Eindruck des sektartigen Charakters spiegelt sich auch im ersten Antrunk wieder. Die naturbelassene, trübe Farbe des Bieres verspricht einen samtigen, vollen Schluck, was durch das Bier allerdings mit einer dünnflüssigen, sehr kohlensäurenlastigen Viskosität widerlegt wird. Von dort an gestaltet sich der Geschmack anfangs wie antizipiert, es entfaltet sich eine Note von Trauben, die möglicherweise durch Konditionierung aus seltenem Sektkonsum angedieh, die in einer langanhaltenden Würzigkeit mündet, welche noch lange nach Abtrunk im Rachenraum verbleibt. Ich bin geneigt zu sagen, dass eine leicht brennende Note am Gaumen verbleibt, die mir eigentlich unangenehm erscheint, allerdings sollte dieses Bier nicht auf einer Ebene mit üblichen, süffigen oder flachen Bieren verglichen werden. Auf den zweiten Schluck schmiegt sich das Bier an die Geschmacksknospen des Trinkers und umhüllt diese mit einer angenehm schweren, langen Geschmacksfülle, die viele alltägliche Biere heutzutage vermissen lassen. Ich bin überrascht von der Komplexität des Bieres und der Ratlosigkeit, die eben jenes in mir hinterlässt. Das Cornelius-Bräu Sanctus ist gewiss kein Bier, das man zum Schütten in rauhen Mengen trinken kann und auch keines, was man geflissentlich als Nebentätigkeit bearbeitet. Dieses Bier ist ein Genussbier und als solches will es auch behandelt werden. Wie eingangs vermutet, erinnert das Bier sehr an belgische Biere, was in diesem Zusammenhang allerdings sehr positiv gemeint ist.
Entgegen aller Gewohnheiten hier abschließend die Zusammenfassung des Testes:
Geschmack: 8 Punkte.
Das Bier entfaltet sich erst 20-30 Sekunden nach Antrunk, bis dahin erscheint es zu herb und klemmt förmlich die Geschmacksnerven ab. Nach Ablauf dieser Zeit entfaltet sich das gesamte (tut mir leid für den Begriff) Bouquet des Getränkes. Interessante Erfahrung!
Preis: 3 Punkte.
Ich habe das Bier geschenkt bekommen, daher muss ich raten, dass das Bier wahrscheinlich recht teuer war. Ich gehe von einem Preis von 2-3€ pro 0,375-Liter-Flasche aus.
Flasche: 9 Punkte.
Das Bier kommt in einer kleinen, verkorkten und typisch grünen Champagnerflasche daher. Für ein Bier sicherlich ungewöhnlich, aber das Öffnen war mir ein Fest. Einen Punkt Abzug gibt es für das lieblos gestaltete Etikett.
Fazit: 7,6 Punkte!
Trotz oder gerade wegen seiner fast 8% fällt das Bier aus allen mir bekannten Biertrinkerschemen aus. Nachdem der erste Schock des an Sekt erinnernden Geschmackes und der Konsistenz überwunden ist, gestaltet sich das Bier als sehr vielfältiges, angenehmes Genießergetränk. Ich bin trotz meiner zahlreichen Worte sprachlos.