Archiv für März, 2013

Worte und Dinge #18

Posted in smile and look alive on 24. März 2013 by Herr Grau

I don’t necessarily agree with everything I say.

– Marshall McLuhan

Geld gegen Essen – Vapiano (Münster & Göttingen und etliche mehr)

Posted in Geld gegen Essen - Restaurantnörgeleien on 16. März 2013 by Herr Grau

(aus Übersichtsgründen vorgezogenes) Prädikat: Sehr gut

Das einzige Restaurant wohl, das ich sowohl in Münster als auch in Göttingen getestet habe und dabei wird es auch vermutlich bleiben. In Göttingen findet sich die örtliche Niederlassung gegenüber des Audimax am Heinz-Erhard-Platz am Eingang der Innenstadt, die Münsteraner Dependence ist schon alteingesessen gegenüber der Königspassage an der Königsstraße. Ich bin mir auch ziemlich sicher, dass so gut wie jeder, der in einer Stadt mit einer Vapiano-Filiale lebt, dort schon mal gegessen haben wird. Aber sei’s drum, die Welt besteht ja nicht nur aus Aachen, Augsburg, Berlin, Bielefeld, Bochum, Bonn, Braunschweig, Bremen … Sahnemotten! 56 Vapiano-Restaurants zähle ich alleine in Deutschland und die Zahnräder der internationalen Expansion drehen sich auch schon mit beeindruckender Geschwindigkeit, 72 internationale Vapiani .. Vapianoi .. Vapianetten zählt die Liste, von den Arabischen Emiraten bis Südkorea, von Canada bis Taiwan – die Filialaufzählung des Unternehmens singt sich schöner als die deutsche Nationalhymne. Habe ich die 15 Neueröffnungen für Zwanzigdreizehn erwähnt?..

Big Corporate Franchise also. Und das Ganze ist in den letzten paar Jahren passiert. Ich kann mich noch erinnern, dass es nur eine Handvoll Vapianos gab, als das in Münster eröffnete. Man kann nur hoffen, dass der Moloch nicht zu groß wird und die fraglos früher oder später aufkommende Idee, einfach an der Qualität zu sparen, nicht unkontrollierbar wird. Denn im Moment ist der Grund für den Erfolg klar: Qualität, Preis, Ambiente.

Die Idee ist bestechend: Warum sind alle Ketten eigentlich immer in marginal ondulierender Stärke scheiße? Unklar, denn feste Franchise-Konzepte sind gerade darin gut, eine bestimmte Qualität zu garantieren. Das dachten sich wohl auch die Gründer der Vapiano-Kette und beschlossen, man könnte das doch einfach auch mal anders machen. Das Ambiente wird von qualitativ anmutenden Holzmöbeln in zeitlos modernem Design und cleverer, warmer Beleuchtung geprägt. Es gibt keine Kellner, man holt sich seinen Kram selbst und zwar bei Köchen, die vor den Argusaugen der Kundschaft offenbar frische Dinge zu guten Speisen zubereiten. Ein Dialog ist möglich, auf Sonderwünsche kann dynamisch eingegangen werden. Italienisch diente sich an. Es gibt Pizza und Pasta – keine „Secondi Piatti“ – flankiert von ein paar Salaten und Antipasti. Einfach, dafür gut. Wenige Gerichte, überall einheitliche Karten und zentral festgelegte Specials, daher große Margen, daher guter Preis. Dass man bei der Zubereitung zuschauen kann, stärkt das Vertrauen in der Qualität des Essens drastisch. Und leider, liebe andere Restaurants, sind Zutaten wie Rezepte von genau so professionell hohem Standard wie sie aussehen. Die Köpfe hinter dem Konzept haben die Knackpunkte genau ausgemacht: Die Pasta wird im Haus selbstgemacht und getimt gekocht. Die Nudeln sind einfach nur perfekt. Die Pizza des Vapiano Münster könnte die beste in der Stadt sein. Alle Zutaten sind einfach, dafür gut, genauso, wie die Italiener das seit Jahrhunderten vormachen. Das Ambiente ist angenehm, alles ist immer pikobello sauber. Kurz: Es hat einen Grund, dass es mich, vor die Wahl gestellt, wieder und wieder ins Vapiano zieht – die Alternative, nämlich die eingesessene Individualgastronomie, ist einfach schlechter.

Okay, es soll kein völliger Lobgesang werden, denn es gibt natürlich auch Nachteile. Zum einen reicht der konstruierte Charme eben auch nur so weit. Die diskrete Güte des Vapianos ist besser als die diversen Idiosynkrasien vieler Restaurants, aber es ist auf jeden Fall mehr drin. Gerade die geistigen Kinder überzeugter Einzeltäter zeigen einem immer mal wieder, dass es eine ganz andere Klasse von Charisma geben kann. Und leider werden die Vapianos ihres skandinavomodernen Chics hauptsächlich von aufgejazzten BWL-Studenten frequentiert, wodurch einem bei der Umschau gerne mal etwas der Apetit vergeht. Konzepthalber sitzt man auch durchaus öfter mit den Gurkennasen an einem Tisch und darf dann live und in Farbe der selbstkritiklosen Oberflächlichkeit der ansässigen Peek&Cloppenburg-Dronenschaft lauschen. Der Klientel folgt dann auch noch der nervige Lounge-Elektro. Und ja, die Nudelportionen sind chronisch ein bisschen zu klein.

Aber wie gesagt: Ich kann nur hektisch mit den Armen wedeln und darauf hinweisen, dass es eben die allermeisten Anderen schlechter machen, beim Ambiente, beim Preis, bei der Qualität oder eben einfach bei allem. Deswegen ist das Vapiano so erfolgreich und wenn es einfach so weiter macht, dann wird das auch so bleiben. Es ist, alles in allem, Systemgastronomie, wie sie sein sollte.

Wertung:
Essen:  9 /10
Service:  9 /10
Sauberkeit: 10 /10
Preisgestaltung:  9 /10
Ambiente:  7 /10

Gesamtergebnis: 5 von 5 Vanilleeiskugeln mit Senf und Gürkchen

Restaurant Vapiano
u.A. Königsstraße 53
48143 Münster
Telefon: 0251-1625 ext. 193

u.A. Weender Landstraße 1
37073 Göttingen
Telefon: 0551 500800
und viele mehr. Für eine genaue Auflistung der Restaurants:
http://www.vapiano.de/

Öffnungszeiten Münster: Täglich 10:00–1:00 Uhr, Küche bis eine Stunde vor Ende
Öffnungszeiten Göttingen: Sonntag bis Donnerstag 10:00–24:00 Uhr, Freitag & Samstag 10:00-1:00Uhr, Küche bis eine Stunde vor Ende

Geld gegen Essen – Salvatore Trattoria (Göttingen)

Posted in Geld gegen Essen - Restaurantnörgeleien on 11. März 2013 by Herr Grau

(aus Übersichtsgründen vorgezogenes) Prädikat: Seinen Preis nicht wert

Wer vom Teutschen Theater die vermutlich nach Dr. Rudolf Gernod Theater benannte Straße in Richtung Stadt herunter trottet, mag in einer dünkelen Nacht zu seiner Linken große, freundlich leuchtende Fenster widerscheinen und den hungrigen Wanderer zur Einkehr verheißen sehen. Über der Tür spricht es von einer „Trattoria“, im Inneren zeichnet ein Holzofen für das schöne Licht mitverantwortlich. Was soll da noch schiefgehen? Besser: Wo soll ich anfangen?..

Ja, das Ambiente ist recht ordentlich. Der Kellner italienert, im linken Teil des Restaurants gibt es sogar ein paar Echtholzbalken und die Teller sind groß und schön. Und nein, das Essen ist nicht per se schlecht. Aber was Mutti und Vatti uns zu lange verschwiegen haben, ist, dass auch Mangel mehr als die Summe seiner Teile sein kann. Es sind die kleinen Dinge, die sich am Ende zu einem deutlich fahlen Nachgeschmack summieren, zum Beispiel, dass ein bestelltes Pils in einem Weinglas gebracht wird. Auch nicht Weißwein, nene, Rotweinkelch. Muss ja atmen und Kohlensäure stört insgesamt den Biergenuss auch nur. Entsprechend ist es auch schon etwas schal, als es am Tisch ankommt. Leitungswasser wird auf der Karte mit 1€ für ein kleines Glas ausgezeichnet. Das Gefühl, im eigenen Land wie ein dummer Gringo behandelt zu werden, zementiert sich, wenn das Essen kommt. Fast zehn Euro für einen Teller verkochter Pasta mit zu saurer Tomatensauce, in die jemand gnädigerweise eine händisch abzählbare Menge an Rindfleischstreifchen, offensichtlich Abschnitte aller Art und Form, gegeben hat. Acht Euro für eine Pizza, die wirklich keinerlei Profit aus dem Holzofen zieht. Acht Euro für wiederum überkochte Pasta mit Lachsstücken in Sahne. Keine Sauce, einfach Sahne. Dass der Kellner mich noch durch den halben Speisesaal maßregelt, ich möge doch meiner Freundin die Jacke abnehmen, ist mehr die Kirsche obenauf.

Wenn ich diese Erfahrung bei einem Italiener gemacht hätte, wo die Speisen die Hälfte gekostet hätten, wäre das eine Sache. Aber durchschnittliches bis unterdurchschnittliches Essen hinter hohen Preisen und feinem Porzellan zu verstecken, sowas geht mir wider die Natur. Es scheinen sich viele Leute mit offenbar insuffizienten Geschmacksknospen davon blenden zu lassen – mich sieht der Laden so schnell nicht wieder, wo in der Nähe günstigerer Parkgelegenheiten Rimini, Rialto und Vapiano möglich sind.

Wertung:
Essen:  5 /10
Service:  7 /10
Sauberkeit:  10 /10
Preisgestaltung: 3 /10
Ambiente: 8 /10

Gesamtergebnis: von 3 von 5 Vanilleeiskugeln mit Senf und Gürkchen

Salvatore Trattoria
Theaterplatz 10
37073 Göttingen
0551 488 ext. 6130

Pasta alle Bietola e Roquefort

Posted in Essen & Trinken on 9. März 2013 by Herr Grau

Jetzt wird es interessant. Für diese Sauce muss man nämlich kochen können. Keine Schritt-für-Schritt-Anleitung möglich.

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Die hohe Schule, so kristiallisiert sich heraus, wenn man Köchen lang genug zuhört, ist es, alle Textur- und Geschmacksdimensionen in einem Gericht zu vereinen und auszubalancieren. Ich wollte eine Pastasauce mit Spinat und Roquefort machen, eine Kombination, von der schon Helmut Kohl in seiner Amtsantrittsrede erzählte, dass sie das Potential habe, gespaltene Lande zu einen. Oder so. Spinat gab es nicht frisch, also wurde Mangold als teutschlandische Alternative eingekauft. Mangold fällt nicht so stark zusammen wie Spinat und hat einen pfefferigen Geschmack, genau das richtige, um ihn mit Saint Agur zu ehelichen, der kostengünstigen und in meinen Augen gleichwertigen Kuhmilch-Alternative zu dem Charakterprodukt aus Rouergue. Dazu verstehen sich Tomaten. Das Tomatenwasser bildet die Grundlage der Sauce, es bringt uns große natürliche Mengen des äußerst schmackhaften Mononatriumglutamats, das ja aus Film, Fernsehen und vom Chinamann an der Ecke als Zaubermittelchen bekannt sein dürfte und viel zu dem guten kulinarischen Ruf der Tomate antverwortlich zeichnet. Das Fruchtfleisch bietet texturell Struktur, sehr ähnlich wie es das Fleisch von s.g. „Tieren“ sonst übernimmt. Zwischen der Geschmolzenheit des Käses und der grenzwertigen Strukturlosigkeit des Mangolds unverzichtbar. Ein ordentlicher Blauschimmelkäse – im heimischen Höhlenkeller fachgerecht nachgereift – will gekleidet werden, man lässt ja sein privates Streichquartett auch nicht nackt spielen. Oder nur an hohen Feiertagen. Honig dämpft die plumpe mit-der-Tür-ins-Haus-Mentalität des Blauschimmels sanft ab, Nüsse und Knoblauch sind Hut und Stock des Käses. Damit will ich auch aufhören, diese recht ideenlose Kleidermetapher weiter überzustrapazieren. Als letztes braucht es nur noch Zitronensaft, um die Süße des Honigs etwas abzufangen. Und Chili. Pikanz will auch.

Um das Ganze also noch einmal zusammenzufassen: Grundlage ist das Zusammenspiel aus Mangold und Saint Agur. Der Käse braucht Pinienkerne und Honig, der Honig Zitrone. Tomaten geben Textur und Geschmack, Knoblauch und Chili liefern Pfiff. Erfahrungsgemäßg macht sich Parmesan zu Würzzwecken hier desweiteren sehr gut, als Kräuter passen Thymian, Basilikum und Petersilie. Salz, Pfeffer verstehen sich. Lauchzwiebeln sind die Grundlage, gedünstet in Butter. Beurre beurre, donnez-moi du beurre, toujours du beurre. Dabei ist es noch eine der geringeren Herausforderungen, dass die Tomaten nicht zerkochen, das Schwierigste ist, Süße, Säure, Pfefferigkeit, Schärfe und Biss so einzustellen, dass es richtig gut schmeckt. Wie gesagt, man wird wohl kochen können müssen.

Los geht’s. Pastawasser aufsetzen, außerdem eine kleine Kasserole mit gesalzenem Wasser und eine trockene Pfanne auf voller Hitze. In der trockenen, heißen Pfanne rösten wir Pinienkerne. Achtung, das wird extrem schnell schwarz. Da will lüchsisch aufgepasst sein! Wenn diese Aufgabe erledigt ist, stellen wir die Pinienkerne beiseite und lassen in unserer Saucenpfanne Butter aus. Hinein kommt eine kleingeschnittene Lauchzwiebel, die wir dort auf mittlerer Flamme dünsten. Wenn uns das Ganze gefällt, kommt ein bisschen Chili und eine hauchdünn geschnittene Knoblauchzehe dazu. Eine Minute mitdünsten, dann mit Weißwein löschen. Hitze aufdrehen, Honig – etwa einen kleinen Teelöffel – und etwa den Saft einer viertel bis halben Zitrone zugeben. Abschmecken! In den Sud kommt das Kernwasser von etwa sechs Kirschtomaten und der Saint Agur. Bei dem Käse tue ich mich mit einer Mengenangabe schwer, vielleicht das Äquivalent von zwei Tischtennisbällen. Dazu kommen außerdem zwei bis drei Esslöffel geriebener Parmesan und etwas Thymian. Käse schmelzen lassen.
Irgendwo dazwischen sollte wohl die Pasta ins Wasser geworfen werden. Wann, kommt natürlich auf die Nudelsorte an. Dran denken: Zwei bis drei Minuten weniger kochen als die Packungsbeilage, Arzt oder Apotheker empfehlen. Außerdem nebenbei vom Mangold den Struck ausschneiden und die Blätter in etwa einen Zentimeter breite Streifen schneiden. Etwa zwei Minuten vor dem Ende der (reduzierten) Pastakochzeit kommen die Tomatenstückchen in die Sauce und der Mangold in das kochende Wasser. Pasta schließlich zusammen mit einer kleinen Kelle Pastawasser in die Sauce geben, durchrühren. Der blancierte Mangold kommt nun ebenfalls zu der Sauce, das Ganze soll auf hoher Hitze noch etwa eine Minute durchziehen. Salz und frisch gemahlener Pfeffer dazu. Basilikum und glatte Petersilie kleinhacken und kurz vor Ende mit den Pinienkernen dazu geben. Puh, geschafft!

Das Ganze, das lässt sich glaube ich nicht verhüllen, ist ein wenig Aufwand und nicht mal für jeden schaffbar. Man muss viele Sachen im Auge haben, vieles gleichzeitig kontrollieren und gut abschmecken können. Wenn man aber alles richtig macht, wird man mit einer absolut hervoragenden, überraschenden und einmaligen Pastasauce belohnt und die ganzen Mühen sind es satt wert gewesen. Also: Nicht zurückscheuen sondern ausprobieren!

Studentenfutter – Reis mit Scheiß

Posted in Essen & Trinken on 4. März 2013 by bic_mac

Das Klischee der studentischen Diät besteht aus Nudeln, Fleisch und wieder Nudeln. Dieses Vorurteil ist nicht komplett unrealistisch. Eine kurze Analyse der Rezepte in der Rubrik Studentenfutter dieses Blogs belegt, dass die Autoren, allesamt Besucher einer höheren Bildungsanstalt, einige Erfahrung mit Gerichten mit Nudelbeteiligung haben (siehe Bild 1; ja, ich bin BWLer): Weiterlesen

The worst shit since manure – Die McCurrywurst

Posted in Getestet on 3. März 2013 by bic_mac

Ich gestehe: ich habe es getan. Meine Neugierde hat gesiegt. Für einen kurzen Moment hatte ich meinen Körper nicht unter Kontrolle. Ich habe versucht es mir innerlich schönzureden und dennoch, es bleibt eine verabscheuungswürdige Tat. Ich habe die McCurrywurst gegessen. Jetzt bin ich sehr, sehr traurig. Ich bin traurig ob der Tatsache, dass man ein Gericht so missverstehen kann und alles falsch machen kann was nur geht. Es fängt beim Marketing an: Das Werbegesicht ist ein Mann, der durch stottern und das Lächerlichmachen seiner Frau seinen Lebensunterhalt bestreitet. Diese Person versucht mich also zu überzeugen, dass ich ein Gericht, welches als letzte Bastion der Systemgastronomiefreiheit galt, bei einem eben solchen konsumieren möge. Nun ja. Weiterlesen

Geld gegen Essen – Steakhaus Hacienda (Münster-Hiltrup)

Posted in Geld gegen Essen - Restaurantnörgeleien on 3. März 2013 by bic_mac

(aus Übersichtsgründen vorgezogenes) Prädikat: Sehr gut

In Zeiten des gastronomischen Dauerbeschusses an allen Ecken der besiedelten Republik ist es schwer noch wahre Kochkunst zu entdecken. Und dennoch gibt es sie, diese Kleinode voll wahrer Schönheit, in denen für die Dauer des Besuches die Zeit still zu stehen scheint und man sich in einer sehr klischeehaften Werbung für Tiefkühlpizza wähnt. Weiterlesen