Pizza – Noch einmal alles.

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Seit zwölf Jahren habe ich durchgehend einen Pizzaofen in meiner Wohnung. Der unterschwellige Geruch von verbranntem Mehl verfolgte meine Latifundien durch mein gesamtes Studium und Arbeitsleben und hängt in jeder meiner Küchen wie ein unsichtbares Spruchband, das fürderhin von meinem Wahnsinn erzählt. In der Zwischenzeit habe ich mich von einem schinkenfäustigen Backcretin immerhin so weit entwickelt, dass ich eine ganz gute Übersicht darüber habe, von wie manigfaltigen Facetten des Bäckerhandwerks ich keine oder deutlich zu wenig Ahnung habe. Aber ich habe entlang meiner Obsession zumindest in einzelnen Nischen ganz brauchbare Fähigkeiten entwickelt. Natürlich habe ich mein Halbwissen in bester Tradition dieses Blogs auch in zig buntwortige Artikel mit unterschiedlichem Anspruch auf Vollumfänglichkeit und Richtigkeit umgesetzt (Una Pizza, per favore, No Knead Pizza Nummer eins und Nummer zwei, Pizza fritta, Galerie Pizza aus dem Effeuno). Es war scheinbar nicht genug – ich setze noch einmal an.

G’schichde

Die Geschichte der Pizza ist untrennbar mit der Geschichte des Brotes verbunden und deswegen ungefähr genauso einfach zu erforschen und schnell zu erzählen. Der schwelende Rest meines Menschenverstandes sagt mir, dass die Menschen ziemlich sofort nachdem sie heraus gefunden hatten, dass man Mehl und Wasser zusammen backen kann, angefangen haben werden, allerhand andere Dinge darauf zu packen, um die Erfahrung angenehmer zu gestalten. Entsprechend wenig überraschend ist, dass jede Getreide-Nation eine Iteration von Fladenbrot-mit-was-drauf in ihrem Repertoir hat. Die einzige Frage ist jetzt, wo die Linie im proverbialen Sand nun ist zwischen dem gemeinen Belegfladen und der Göttin Pizza. Je näher man heran tritt, desto verwaschener scheint die Grenze. Verlassen wir diesen Strand der billigen Metaphern und betrachten die Notwendigkeit schlichter Willkür.

Natürlich kann man sich auf den großen Berg stellen und lautstark herunter behaupten, dass nur ein Fladen einer bestimmten Größe aus dem richtigen Mehl, der richtigen Menge Wasser, vom richtigen Mikroorganismus getrieben, mit Tomaten vom Vulkanfuß und Käse vom Büffeltier, hergesponnen von örtlicher Meisterkäserhand, Pizze sind und alles andere unterwertiger Unfug (ein freundliches Schalömchen an die Kollegen der Associazione Verace Pizza napoletana). Kann man machen. Sehen nur 99% der übrigen Weltbevölkerung anders. Nicht zuletzt die Mitbürger aus dem eigenen Land, die sich auch recht traditionsbewusst und hochwertig in diesem Feld betätigen. Hat eine Pizza Käse? Ätsch, Pizza marinara. Tomate? Ätsch, Pizza bianca. Holzofen? Pizza fritta. Ist sie rund? Pizza siciliana und Pizza al taglia, Ätsch, Bätsch, Doppel-Ätsch. Stehste da, siehste blöd aus.

Wie alle entwickelbaren Konzepte sind die Grenzen fließend, so sehr der Italiener zetern und nörgeln mag. Kunst ist, was der Mensch für Kunst hält. Pizza ist, was der hungrige Mensch für Pizza hält. Es ist besser, sich an einen gewissen Pragmatismus zu gewöhnen und sich von fundamentalistischem Prinzipienreiten zu verabschieden. Tschüss alte Säge, wir sehen uns bei der nächsten Diskussion um den Mann am Kreuz.

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Pragmatismus

So sehr ich neapolitanische Pizza mag und die Italiener für ihre hitzköpfige Verteidigung von Traditionen liebe – es gibt unzählige Stilrichtungen der Handwerksform. Außerhalb Italiens hat vor allem der Englischamerikaner sehr distinktive Spielarten der Pizza entwickelt und etabliert. Aus mir bis heute unklaren Gründen haben die italienischen Immigranten in Deutschland sich da mit wenig Ruhm besudelt. Pizza in Deutschland ist größtenteils sehr enttäuschend. Das, was man am ehesten als distinktiven deutschen Stil bezeichnen könnte, ist die türkischstämmige Imbisspizza aus Metroteigling, Fertigsauce und Gouda, dick belegt und gebacken in der Schwarzblechform. Ich sage nicht, dass man nicht nachts besoffen darüber mit Feuereifer herfallen will – ich schweige das ganze trotzdem ab jetzt tot. Scham. Ich halte mich auch aus dem Thema Chicago Pan Pizza erstmal heraus. Ganz anderer Sport, das, und einer, mit dem ich mich nicht gut auskenne. Es bleibt, den Rest möglichst kraftvoll in willkürliche Schubladen zu stopfen, um wohl verdauliche und abhandelbare Portionen daraus zu machen.

In meinem Kopf ist Pizza eine Unterfangung mit Tomatensauce und Mozzarella. Andere Beläge sind möglich und auch sehr lecker, kommen aber deutlich seltener zum Einsatz, weshalb sie weniger im Fokus stehen. Es gibt sie in eckig und in rund. Man kann sie frittieren, grillen und braten, was ich gepflegt ignorieren werde – es wird im Folgenden nur um gebackene Varianten gehen. Man darf mir glauben, wenn ich sage, dass man trotzdem aus den folgenden Zeilen immer noch auch ein melodramatisches Lang-Epos schreiben könnte. Das Blog-Format gebietet hier ein bisschen Zurückhaltung – die Kunst an der Feder ist hier noch mehr als sonst, die richtige Balance aus Inhalt und Kürze zu finden. Mal sehen, ob noch Kunst da ist.

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Quadratur des Kreises. Kreisierung des Quadratoids.

Die geometrische Form ist ein genauso guter Punkt wie jeder andere, um mit der Aufarbeitung und Systematisierung dieses unseres molochesken Themas anzufangen. Ganz grob haben wir auf der einen Seite eckige Pizzen in der Tradition Süditaliens und Roms, die in Blechformen gebacken werden, und auf der anderen Seite runde Pizzen, die freigeschoben gebacken werden. Ausnahmen bestätigen die Tatsache, dass die Welt groß ist. Meiner einsamen Meinung nach machen Menschen, die runde Pizzen in Schwarzblech backen, einen großen Fehler. In meiner gesamten Erfahrung habe ich noch keine runde Blechpizza gegessen, die ihrem direkt auf dem Stein gebackenen Verwandten in Güte auch nur nah gekommen wäre. Ich apodiktiere daher, dass man sich von dieser Praxis verabschieden sollte. Bei den eckigen Verwandten sieht die Sache anders aus – das Öl in der Form ist essentiell für das Backergebnis und ohne Form ist das nicht machbar.

Runde Pizzen sind tendentiell allesamt eher dünn. In Norditalien findet sich der Pizzatypus, der dem Teutonen vom Besuch der L’Osteria bekannt vorkommen könnte: Groß, dünn, relativ schmale und knusprige Kruste. In Rom wird das ganze noch knuspriger, der Rand noch dünner und schmaler (Pizza tonda). Es kommen sowohl getrockneter als auch frischer Mozzarella vor, auch Parmesan wird regelhaft zugegeben. Neapel hält sich selbst für die Geburtstätte der Pizza und hat eine recht distinktive Form mit großem Rand (cornicione), die Pizza selbst ist dünn und der Rand eher weich und fluffig. Der Heimatverein Neapel-Unterhövel (auch bekannt als die Associazione Verace Pizza napoletana) hat genau feste gemauert, wie so ein Backstück auszusehen hat (siehe Pizza Neapoletana). Eine Spielart der Pizza neapoletana ist die Pizza canotto, diese hat durch eine höhere Hydratation einen noch großporigeren Rand.

Die Pizzastile der USAnischen Westküste sind inhaltliche Verwandte der beschriebenen Typen. New York „Elite Style“ und die typische New York Slice Pizza sind näher am norditalienischen Stil gebaut als an dem neapoletanischen, aus dem sie angeblich entstanden sind. Typische Slice Shops haben die Qualität der Zutaten einfach zusammen gestrichen, um den Preis unten halten zu können. Es lohnt sich in meinen Augen nicht, sich mit diesem Typ weiter zu beschäftigen. Gibt man sich Mühe mit Teig und Zutaten, kommt man bei dem immer noch inhaltlich recht variablen New York Elite Stil heraus. Typisch sind Olivenöl im Teig für eine gewisse Knusprigkeit, eine Teigdicke, die das Essen des gefalteten Stücks aus der Hand erlaubt und die Verwendung von getrocknetem Mozzarella, zumindest unter anderem. New Haven „apizza“ ist stilistisch näher an der römischen Pizza tonda. Der Teig ist eher dünner und noch krosser. Geographsich bedingt hat sich hier der Stil des „White Clam Pie“ ergeben, eine Pizza mit Muschelfelisch, Pecorino, Oregano und Olivenöl. Eine weniger bekannte Variante ist Chicago Thin Crust, die sehr dünn und crackerartig ausgebacken wird.

Die Pizza Siciliana, auch Sfincione genannt, wäre nie so in den Mittelpunkt gerückt, wenn die USA nicht einen großen Einstrom an Sizilianern gehabt hätten. Die Pizzen sind eher dick, aufgrund der Fluffigkeit des Teigs aber erstaunlich leicht. Sie werden in Blechformen gebacken, wobei Olivenöl in der Form für einen gleichzeitigen Frittiereffekt sorgt. Häufig wird bei der Zubereitung die Pizza erst mit Sauce gebacken und Käse und Toppings erst später zugegeben, um diese nicht zu stark auszutrocknen. Die römische Pizza al taglio wird tendentiell mit einem höher hydrierten Teig und wilderen Zutatenkombinationen gebacken. Sie ist eines der traditionellen Straßenessen in Rom, wird mit Scheren geschnitten und nach Gewicht verkauft. Die Detroit Pan Pizza ist fraglos eine Unterart der amerikanischen Sicilian Pies und besticht vor allem durch den Käse, der über den Rand an die Form läuft und dort dunkel und knusprig wird.

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Mehl

Wir reden bei Pizzamehl größtenteils über Weizenmehl, genauer über weißes Weichweizenmehl.  Es werden tendentiell backstarke Mehle bevorzugt, also Mehle mit einem höheren Glutengehalt. Normales Haushaltsmehl (405) liegt bei Proteingehalten von 10-12%. Backstarke Mehle (550) kommen auf 12-14%. Anders als in Deutschland funktioniert die Nomenklatur des Mehls in Italien anders. Die Zahlen in Deutschland geben den Aschegehalt / Mineralstoffgehalt in mg/100g verbranntes Mehl an, nicht den Mahlgrad. Je höher die Zahl, desto mehr Anteile von Schalen sind enthalten, vulgo: Je höher die Zahl desto Vollkorn. In Italien wird der Mahlgrad angegeben, der sonst eigentlich wenig über das Mehl aussagt; Typen 405 und 550 fallen beide meist als Tipo 00 aus. Tipo 0, 1 und 2 werden tendentiell sukzessive mehr Vollkornmehl. Bei den 00 Typen muss man daher die anderen Informationen der Mühle berücksichtigen – man wird zusätzlich informatiert, was das angedachte Einsatzfeld ist. Obgleich sich für Pizza ein backstarkes Mehl eher geeignet ist, sind auch mit normalem Wald-und-Wiesen-Mehl brauchbare Pizzen zu backen. Allzu lange Garen sollte man dann allerdings vermeiden, da das Gluten mit der Zeit abgebaut wird – das ist der Grund, warum Mehle für längere Garen mehr Gluten enthalten.

Wer bei Temperaturen jenseits der 350°C backt, für den wird eine weitere Information über das Mehl wichtig, und zwar der Malzgehalt. Aus Gründen von Geschmack und Bräunung enthalten alle Haushaltsmehle einen gewissen Malzanteil. Der Malzzucker karamellisiert und macht den Teig schön braun und rösch. Beim Backen bei sehr hohen Temperaturen verbrennt der Zucker aber schlicht. Deshalb braucht es für die Herstellung von sehr heiß gebackenen Pizzen, insbesondere der neapoletanischen Pizza, ein Mehl mit einem sehr geringen Malzgehalt. Anders gesagt: Es muss ausgezeichnet sein, dass es für Pizza Neapoletana vorgesehen ist (z.B. Caputo, 5 Stagioni). Abseits dessen ist die Verwendung der hierzulande teuren italienischen Mehle nicht unbedingt notwendig.

Leider ist weder Aschegehalt noch Mahlgrad noch Malzgehalt noch alles zusammen die ganze Wahrheit über das Mehl. So unterscheiden sich die Backergebnisse mit dem gleichen Mehltyp unterschiedlicher Mühlen merklich. Überraschenderweise sind Mehle von ausgezeichneten Handwerksmühlen wie z.B. Adler Mühle, Drax Mühle oder Horbacher Mühle nicht merklich teurer als das Mehl aus dem Supermarkt. Je mehr man kauft, desto egaler werden die Versandkosten – es bieten sich also etwas größere Gebinde und Sammelbestellungen mit Freunden an. Die Empfehlung gilt für jeden Hobbybäcker, ob Pizza oder nicht.

Mit Dinkelmehl lässt sich sehr leckere Pizza erzeugen. Es ist aber empfehlenswert, erst einmal mit Weizenmehl die Grundlagen ordentlich zu beherrschen. Ein kleiner Anteil (10%) von Vollkornmehl aus Weizen oder auch Dinkel kann für einen würzigeren, tieferen Geschmack sorgen ohne dass sich der Teig merklich ändert, bei über 30%  kommen schnell Gedanken von Besserverdiener-Müttern auf, die den Weg zu ihrem inneren Hippie über die Erzeugung widerwärtiger „gesunder“ Gebäcke suchen.

Apropos. Die Erzeugung von Pizza ohne Zuhilfenahme von glutenhaltigen Mehlen ist ein höchst schwieriges Unterfangen. Mir persönlich fehlt hier vollständig die Kompetenz, da ich bis dato voll ausgelastet mit normalem Mehl war. Die sehr kompetente Community des Pizzamaking.com Forums ist einhellig begeistert vom Caputo Fiore Glut, das ich deshalb an dieser Stelle blind weiter empfehle. Schon bevor dieses Mehl auf dem Markt war, haben selbst höchst fähige Pizzabäcker Backmischungen empfohlen, weshalb ich auch davon abrate, selbst Mehlmischungen anzufertigen.

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Backzusätze

Es kommen diverse Zutaten als Backzusätze in Frage: Olivenöl dürfte einer der häufigsten sein – es können bis zu 5% der Hydratation durch Öl erfolgen, um die Knusprigkeit des Teiges zu erhöhen, auch der Geschmack wird davon beeinflusst. Wichtig ist, dass das Öl zugegeben wird, wenn der Teig bereits vermengt und das Mehl gleichmäßig hydriert ist, dies ist wichtig für die Teigtextur. Sojamehl (bis 5%) wird in römischen Pizzen und norditalienischen Pizzen gelegentlich verwendet, die trockenen Fette erhöhen die Knusprigkeit, der nicht strukturbildende hohe Proteinanteil sorgt aber für dichtere Krusten, weshalb viel Gluten im Teig enthalten sein muss. Bohnenmehl (ca. 1%) ist dem Bäcker eher aus Baguette bekannt und beeinflusst die Textur und Krustenbildung in Richtung Knusprigkeit und schöner Porung. Semolina bzw. Hartweizenmehl (bis ca. 10%) macht den Teig eher krümeliger, aber auch knuspriger und hat auch einen merklichen Einfluss auf den Geschmack. Es kann für größere Knusprigkeit und Rösche inakives Backmalz (bis 2%) zugegeben werden, einen ähnlichen Effekt hat Zucker. Enzymaktives Backmalz (0,5 – 2%) kann Textur und Geschmack von kurz fermentierten Teigen (bis ca. 8h) in Richtung länger fermentierter Teige verändern; wird die Fermentation aber zu lang, wird der Teig gummiartig und zäh. Die Menge hängt von der enzymatischen Aktivität des Malzes ab, die in Grad Lintner oder in Grad Wintisch-Kolbach gemessen wird. Das in Amerika gängigen L-DMP hat ca. 20° Lintner (54° WK) und kann bis zu 2% des Mehlgewichts eingesetzt werden, hiesige Malze zeigen etwas die dreifache Aktivität, weshalb man die Mengen entsprechend reduzieren muss.

Tomaten

Dass Tomaten nicht gleich Tomaten sind, hat sich glaube ich inzwischen herum geschwiegen. Dass San Marzano Tomaten nicht gleich San Marzano Tomaten sind, hat mich schon etwas unvorbereitet erwischt, wenn ich ehrlich bin. Ein Geschmackstest zeigte, dass die normalen Pomodori pelati von Mutti eine extrem gute Wahl sind. Unabhängig der Marke: Tomatensaft abgießen und die Tomaten entweder mit einer Gemüsemühle (die berühmte Flotte Lotte) oder einer dezidierten Tomatenpresse zerkleinern oder einfach mit der Hand zerdrücken. Nur nicht pürieren – das Ergebnis wird wässrig und geschmacklos.

Ich persönlich würze mit Salz und Pfeffer, dazu wird ein bisschen Olivenöl eingerührt. Wer mag, kann die Sauce aber auch kurz aufkochen, z.B. mit etwas angeschwitztem Knoblauch, der Geschmack wird dadurch insgesamt dunkler. Langes Kochen verbietet sich für Pizzasaucen eigentlich. Oregano und Basilikum sind ziemlich offensichtliche mögliche Zugaben, und wer ganz verrucht ist, kann auch etwas Pimenton bei tun. Eine häufig disputierte Zutat ist Zucker. Normalerweise – das heißt bei ordentlichen Tomaten – ist Nachsüßen nicht notwendig, aber man sollte sein Tomatenpüree sowieso abschmecken. Sollten die Tomaten wider Erwarten säuerlich sein, ist eine Prise Zucker nicht verboten.

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Käse

Das augenscheinlich so einfache Thema Käse ist leider eine ganz eigene Büchse der Pandora. Wenn man in Italien ist und mit einem Käser spricht, dann ist die wichtigste Information, dass Mozzarella tagesfrisch sein sollte und nicht gekühlt werden darf. Überall anders auf der Welt ist bei Italienern aber ganz wichtig zu betonen, dass es sich um importierten italienischen Mozzarella handelt – der ohne Kühlkette die viele Tage dauernde Reise nie überlebt hätte. Wenn man darauf hinweist, kommt es zum großen Händewedeln und Blubberblasenreden.

Der Käse bestimmt den Charakter der Pizza drastisch. Trockener Mozzarella produziert eine ganz andere Erfahrung als frischer Mozzarella oder eine Mischung aus beidem. Und bei frischem Mozzarella ist es weiterhin ziemlich entscheidend, wie man ihn zerkleinert – ein häufig übersehener Umstand. Ideal sind geschnittene Scheiben oder Streifen von ca. 1 cm Kantenlänge. Reißt man den Mozzarella, verliert er viel mehr Wasser und die Pizza schwimmt.

Es wäre fraglos ideal, einen Büffelmilchhof samt Käserei direkt am Ort zu haben. Leider ist die Welt garstig und gemein und die Menge an Büffelhöfen in Deutschland ist an einer Hand abzuzählen. Käsereien, bei denen man tagesfrisch und ungekühlt Mozzarella kaufen kann, wachsen auch nicht unbedingt an Bäumen. Recherche lohnt trotzdem, vielleicht ist ja doch jemand in der Nähe. Selbst Mozzarella herzustellen, ist natürlich der Königsweg, aber dieser scheinbar so simple Käse hat schon so manchen Käsernovizen zur Verzweiflung getrieben. Es bleibt nur suchen und probieren.

Ich habe für mich herausausgefunden, dass ein bisschen geriebener Parmesan sowohl vor als auch nach dem Backen der richtige Weg ist. Ich würde keinen zu alten Parmesan nehmen, ein guter Grana Padano ist ebenfalls eine gute Wahl. Pecorino Romano gibt ein anderes Geschmacksprofil, hier lohnt sich das Experimentieren.

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Wasser

Ich bin froh verkünden zu dürfen, dass wenigstens ein Faktor völlig wurscht ist – solange das Wasser nicht gechlort ist, kann man es guten Gewissens hernehmen. Und es sollte nicht über Körpertemperatur (37°C) haben, da weder Hefe noch Sauerteig begeistert auf Verbrühung reagieren. Wenn man den Teig länger kneten will, sollte man lieber mit etwas kühlerem Wasser anfangen, da die hinein gesteckte Arbeit – je nach Knetsystem – den Teig doch merklich erwärmen kann.

Salz

Pizzateig sollte recht salzig sein. Typische Beläge hungern nach einem etwas salzigeren Brot. Eine Sache, die ich mit Überraschen feststellen musste, ist dass Salz und Salz zwei sehr unterschiedliche paar Schuhe sind. Leider ist auch das eine Sache, die nicht nur Marketing- oder Besserverdiener-Geschwafel sind (glauben Sie NUR diesem schwafelnden Besserverdiener hier!). Nicht nur schmeckt gutes Salz deutlich besser als das industriell hergestellte Tafelsalz, in dem man so appetitliche Dinge wie diverse Rieselhilfen findet (z.B. schmackhaftes und wahrscheinlich nierenschädigendes E535…) – für den Bäcker ist vor allem auch die Erkenntnis wichtig, dass gutes Salz neben Natrumchlorid noch all die anderen Mineralien enthält, die in der Sole vorkommen und die den Geschmack relevant prägen. Was anteilsmäßig nicht NaCl ist, schmeckt natürlich auch nicht salzig, oder kurz gesagt: Es ist weniger Salz im Salz. Ergo muss man teilweise deutlich mehr von dem Salz nehmen als gedacht oder vom Rezept vorgesehen.

Ich benutze für alle meine Salzbedürfnisse Luisenhaller Tiefensalz aus der historischen Pfannensaline Luisenhall in Altgrone, das praktischerweise in meiner ehemaligen Wahlheimat Göttingen liegt.

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Teigführung

Dieses Kapitel füllt buchstäblich ganz alleine Bücher. Da muss der geneigte Autor rechts und links ein bisschen beischneiden. Am Ende muss irgendwie das Glutengerüst entwickelt worden sein, ansonsten wird das Geschäft des Pizzabackens recht beschwerlich. Die Faustregel lautet: Je länger die Gare, desto weniger muss der Teig geknetet werden, da die Entwicklung von Gluten aus Gliadin und Glutenin durch Enzyme im Mehl katalysiert von alleine abläuft. Das braucht allerdings Zeit und je höher die Hydratation des Teiges ist, desto besser funktioniert das ganze. Wollen wir also einen kurz geführten Teig, müssen wir kneten. Für eine mittellange Führung reicht leichtes Kneten aus. Wenn der Teig lange gehen kann, kommen wir mit ein paar Stretch & Folds oder sogar ganz ohne aus. Lässt man den Teig allerdings zu lange gehen, geht einem das Glutengerüst auch wieder flöten. Wie wir bereits unter „Mehl“ gelernt haben, empfehlen sich Mehle mit mehr Gluten für langere Garen. Für kürzere Garen empfiehlt sich eine Autolyse, heißt, man lässt die gerade genannte enzymatische Reaktion vor dem Kneten ablaufen, um sich die Arbeit leichter zu machen – ohne Salz, denn Salz hemmt diese deutlich. Kalte Garen im Kühlschrank sind nicht unbedingt meine Expertise, aber man kann diese nutzen, um bei sonst kurzen Garzeiten entweder eine Pause einzulegen und so den Teig zeitlich vorbereiten zu können undoder um die Geschmacksentwicklung durch eine lange Gare ohne die latente Gefahr der Übergare bei Raumtemperatur zu haben. Ich werde für alle Stile jeweils einen Vorschlag für die Teigführung machen, um möglichst am Ende einige verschiedene Vorgehensweisen gezeigt zu haben, die auf die anderen Rezepte jeweils übertragbar sind – die Möglichkeiten sind endlos. Es ist zwischen einer Stunde und mehreren Tagen fast jede Zeit für die Gare möglich – die notwendige Hefemenge oder Sauerteigmenge und Temperatur kann man anhand der fantastischen PizzApp+ bestimmen.

Teighandling

Fast alle Anfänger unterschätzen die Wichtigkeit der richtigen Teighandhabung. Es gibt einige neuralgische Techniken, auf die ich eingehen will. Ich habe für alles YouTube Videos heraus gesucht, da hier tatsächlich ein Bild mehr sagt als tausend Worte. Tausend Worte habe ich trotzdem dazu geschrieben. Sicher ist sicher.

Windowpaning: Man spannt den Teig zwischen den Fingern auf, um zu testen, wie weit das Gluten-Gerüst entwickelt ist. Es soll sich eine dünne Membran aufspannen, durch die Licht durch scheint.

Stretch and Fold: Strecken und Falten von Teig entwickelt das Gluten-Gerüst sehr effizient und schnell. Außerdem wird die Textur des Teiges besser als durch reines kneten, man hat also schon zwei gute Gründe dafür. 

Rundwirken / Balling: Um Teig zu einem Ball zu formen und Spannung in den Teig zu bringen wird der Teig rundgewirkt. Dieses zeigt das Video zum Stretch and Fold weiter oben. Die kleinen Teigabschnitte für die einzelnen Teiglinge werden ebenfalls rundgewirkt, indem sie entweder geschliffen, abgekniffen oder geformt werden.

Pizza öffnen / formen: Dieser Schritt ist essentiell. Pizza wird (außer die römische Pizza tonda) nicht ausgerollt, weil dieses die kleinen Gasblasen zerstört und damit den Ofentrieb zunichte macht. Wie gut die gebackene Pizza am Ende ist, entscheidet sich zu einem großen Teil an dieser Stelle – der Rand sollte gleichmäßig breit sein und der Boden gleichmäßig dünn. Zum Öffnen nehme ich doppelgriffiges Mehl (Weizendunst, Spätzlemehl).

Öfen und Backen

Ich halte diese Kategorie absichtlich kurz. Wer nicht das große Glück hat, über einen Kuppelofen mit Holz- oder Gasfeuerung zu verfügen (hier empfehle ich lediglich ein Infrarot Thermometer, mehr Erfahrung habe ich nicht), muss auf einem Bein ins Ziel hinken. Ein guter Ersatz sind die elektrischen Pizzaöfen z.B. Effeuno P134, GMG PF4040E oder GGF Micro , die ich den kleinen Brennöfen wie Roccbox, Pizza Party Ardore, Uuni oder Ooni Koda vorziehen würde. Letztere können zwar unglaublich gute Ergebnisse produzieren, die Hitzeverteilung ist aber sehr ungleichmäßig und die Hitze selbst nicht so einfach zu regulieren, weshalb hier mehr mögliche Fehlerquellen zu beherrschen sind. Von zweistöckigen Holzbacköfen (z.B. Ramster) oder Steinen in Grills bin ich bis jetzt nicht überzeugt worden. Wer im heimischen Backofen backen will, kann sehr beachtenswerte Pizzen backen, indem er so knapp wie möglich unter den oberen Grill einen Baking Steel platziert (8 mm Stahlplatte, gibt’s auf Maß bei ebay). Hiermit erreicht man bessere Ergebnisse als mit einem Schamottstein. Stahl (oder Stein) werden unter voll aufgedrehtem Grill eine halbe Stunde aufgeheizt. Die Pizza muss einmal gedreht werden.

Neapoletansiche Pizza

In den letzten Jahren zunehmend auch in Deutschland populär wird der neapoletanische Pizzastil. Der Boden ist dünn und flexibel, der Rand (Cornicione) dick und fluffig mit einer hauchdünnen Kruste. Im Original sind Tomaten aus San Marzano D.O.P. (siehe Tomaten) vorgeschrieben sowie entweder Fior di Latte D.O.P. (Kuhmilch) oder Büffelmozzarella D.O.P. (siehe Käse). D.O.P. steht für „denominazione d’origine protetta„, das Siegel heißt: Aus der Region und nach festgeschriebenen Kriterien hergestellt. Weiterhin muss der Teig mit Hefe oder Sauerteig hergestellt werden, die Größe und Dicke der Pizza ist genauso vorgeschrieben wie die Menge an Wasser im Teig und die Art des Mehls. Auch wenn die Regeln kürzlich gelockert wurden, sodass jetzt ein Anteil Vollkornmehl und Sauerteig erlaubt ist – was meines Erachtens dringend überfällig war -, über den Sinn und Unsinn dieser Regeln kann man sich immer noch trefflich streiten. Ich denke, dass fraglos ein offensichtliches wirtschaftliches Interesse am Absatz der Produkte aus Kampanien besteht. Es kann einem allerdings schlimmeres passieren, da sowohl Mozzarella als auch Tomaten tatsächlich von extrem hoher Qualität sind. Der Dreh- und Angelpunkt für neapoletanische Pizza ist ein extrem heißer Ofen. Ohne diesen ist die einmalige Textur nicht zu erreichen. 450°C ist hier die absolute Untergrenze, ideal sind 480-500°C. Entsprechend backt die Pizza in 45 bis 90 Sekunden und bekommt an Stellen, wo kleine Bläschen in der Teighaut sind, kleine schwarze Flecken (Leoparding). Weiterhin bedingt die Temperatur, dass man niedrig gemälzte Mehle benötigt, Caputo blau oder 5 Stagioni haben sich bewährt. Klassische neapoletanische Pizza gibt es nur als Margherita mit Tomate, Mozzarella und Parmesan oder Grana, Basilikum und Olivenöl oder als Marinara mit Tomate, Oregano, Knoblauch und Olivenöl.

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Teigrezept (7 Teiglinge zu ca. 230g)
1000 g Mehl (100 %)
600 ml Wasser (60 %)
30 g Salz (3 %)
1 g frische Hefe (0,1 %) oder 0,3g Trockenhefe (0,03 %)
24 h Zeit

Salz in Wasser auflösen. Dann Hefe darin auflösen und in einen Mixer geben. Nach und nach Mehl unterkneten. Kneten, bis sich ein glatter Teigball geformt hat. An dieser Stelle  kann man einfach weiter kneten, bis der Teig vollständig entwickelt ist (siehe windowpaning), ich empfehle aber, den Teig einmal zu strecken und zu falten (siehe Stretch and Fold), in den Gärcontainer zu geben und nach einer halben Stunde noch mal zu strecken und zu falten. Danach rundwirken (siehe rundwirken) und abgedeckt im Gärcontainer ca. 18-20h an einem kühlen Ort gehen lassen (ideal 14-18°C, bis 22°C ist aber vertretbar). 230g Teiglinge abstechen und Bälle daraus formen. Bei Raumtemperatur abgedeckt ca. 4h gehen lassen.

Teigling öffnen und mit passierten und gewürzten Tomaten bestreichen. Für Margherita in Scheiben oder Streifen geschnittenen frischen Mozzarella (80 – 100g) und ein bisschen geriebenen Parmesan verteilen. Frisches Basilikum verteilen. Eine dünne Spirale Olivenöl darüber gießen. Für Marinara eine Zehe Knoblauch und eine ordentliche Prise Oregano verteilen, dann eine Spirale Olivenöl darauf gießen. Auf den Pizzaschieber ziehen und noch einmal leicht auseinander ziehen. Bei 450-500°C backen.

Pizza Canotto

Im Prinzip eine hoch hydrierte Pizza Neapoletana. Der Teig kann genauso angefertigt werden, wie oben beschrieben. Ich gebe hier einen Vorschlag für einen No Knead Teig als Alternative.

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Teigrezept (7 Teiglinge zu ca. 245g)
1000 g Mehl (100 %)
700 ml Wasser (70 %)
30 g Salz (3 %)
0,15g / 1/2 TL Trockenhefe (0,015 %)
24 h Zeit

Salz und Trockenhefe in das Mehl einrühren. Wasser zugeben und mischen, bis der Teig keine Klumpen mehr hat. Abdecken und 18-22h bei Raumtemperatur gehen lassen. Der Teig sollte glänzende Blasen an der Oberfläche haben. Strecken und falten (siehe Stretch and Fold) und grob rundwirken. Teigling abstechen und formen. Zwei Stunden abgedeckt gehen lassen. Vorsichtig öffnen, belegen (siehe Pizza Neapoletana) und bei 450-500°C backen.

New York Elite Pizza

Knusperiger und mit einer etwas durchgehenderen Käsedecke als die Pizza Neapoletana ist dies eine meiner ewigen Favoriten und ich werde nicht müde, an dem Teig herum zu spielen.

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Teigrezept (7 Teiglinge zu 235g)
900 g Pizzamehl (z.b. 5 Stagioni) (90 %)
100 g Dinkel Vollkornmehl (10 %)
20 g inaktives Backmalz (2 %)
30 g Salz (3 %)
570 ml Wasser (57 %)
30 ml Olivenöl (3 %)
0,15 g / 1/2 TL Trockenhefe (0,015 %)

Salz, Trockenhefe und Backmalz in das Mehl einrühren. Wasser zugeben und mischen, bis der Teig keine Klumpen mehr hat. Abdecken und 18-22h bei Raumtemperatur gehen lassen. Der Teig sollte glänzende Blasen an der Oberfläche haben. Strecken und falten (siehe Stretch and Fold) und grob rundwirken. Teigling abstechen und formen. Zwei Stunden abgedeckt gehen lassen. Vorsichtig öffnen, mit Tomatensauce, halb frischem Mozzarella in Streifen geschnitten und halb geriebenem low moisture Mozzarella sowie einer großen Prise Parmesan oder Grana belegen (sowie eventuell anderen Belägen) und bei 380-400°C backen.

Norditalienische Pizza

Groß und dünn und mit einem knusprigen Rand – wer eine L’Osteria Pizza kopieren will, hat hier einen guten Startpunkt. Bei diesem Rezept zeige ich einmal, wie eine kurze Gare funktioniert.

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Teigrezept (7 Teiglinge zu 235g)
900 g Weizenmehl Typ 405 oder 550 (90 %)
100 g Dinkel Vollkorn (10 %)
20 g inaktives Backmalz (2 %)
5 g aktives Backmalz (0,5 %)
30 g Salz (3%)
1 g Trockenhefe
550 g Wasser, davon ein kleiner Schuss Apfelessig (55 %)
50 ml Olivenöl (5 %)
10 h Zeit

Hefe im Wasser auflösen. Mehl mit Backmalz mischen und einkneten. Eine halbe Stunde abgedeckt stehen lassen, dann Salz einkneten und schließlich Olivenöl einkneten. Kneten bis das Gluten-Gerüst gut entwickelt ist (siehe windowpaning). 8h bei Raumtemperatur gehen lassen, grob rundwirken, Teigling abstechen und formen. Zwei Stunden abgedeckt gehen lassen. (Mit 2% Trockenhefe und 1% aktivem Backmalz ist eine 3h Stock- und 3h Stückgare möglich). Öffnen, mit Tomatensauce, frischem Mozzarella in Streifen geschnitten sowie einer großen Prise Parmesan oder Grana belegen (sowie eventuell anderen Belägen) und bei 350°C backen.

Pizza Siciliana

Die Pizza, die man am besten im heimischen Ofen machen kann, ist eine fluffige Blechpizza. Die Form ist kräftig mit Olivenöl gefettet, sodass der Boden im Blech frittiert. Ideal ist hier eine Stahlblechform, das Backergebnis wird deutlich besser als in Aluminium. Die meisten normalen Bachbleche sind aus Stahl, sie sind Aluformen vorzuziehen. Enthusiasten kaufen eine Blaublechform.

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Teigrezept (ein Standard-Backblech)
600 g Pizza Mehl (z.B. Frießinger Mühle) (100 %)
18 g Salz (3 %)
12 g inaktives Backmalz
1/4 + 1/8 TL Trockenhefe (0,015%)
435 ml Wasser (72,5 %)
24h Zeit

Salz, Trockenhefe und Backmalz in das Mehl einrühren. Wasser zugeben und mischen, bis der Teig keine Klumpen mehr hat. Abdecken und 18-22h bei Raumtemperatur gehen lassen. Der Teig sollte glänzende Blasen an der Oberfläche haben. Strecken und falten (siehe Stretch and Fold) und grob zu einer langen Rolle formen. Teig in kräftig geöltes Backblech legen und abdecken. Nach einer Stunde vorsichtig ausziehen, abdecken. Nach einer weiteren Stunde erneut vorsichtig ausziehen und abdecken. Nach einer weiteren Stunde ein letztes Mal vorsichtig ausziehen. Mit Tomatensauce, Belag, geriebenem Parmesan und in Streifen geschnittenem Mozzarella belegen und im vorgeheizten Backofen bei 250°C Ober-/Unterhitze auf der mittleren Schiene backen, bis die Ecken sich vom Blech zurück gezogen haben. Wenn der Käse oder der Belag im eigenen Ofen zu trocken wird, kann man die Tomatensauce auch erst alleine backen und die übrigen Zutaten erst später auf die Pizza legen.

Pizza rustica

Ein frei vorgetragener Vorschlag zu einem Teig mit einem meines Erachtens maximal vertretbaren Vollkornanteil und Vorteig.

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Teigrezept (7 Teiglinge zu 235 g)
Vorteig (Poolish):
100 g Dinkel-Vollkornmehl (66 %)
50 g Dinkel 630 Mehl (33 %)
150 ml Wasser (100 %)
1/8 TL Trockenhefe (0,008%)
Hauptteig:
300 g Poolish (15 % Mehl,  15 % Wasser)
600 g Pizza Mehl (60 %)
50 g Dinkel 630 Mehl (5 %)
200 g Dinkel-Vollkornmehl (20 %)
30 g Salz (3 %)
20 g inaktives Backmalz (2 %)
1/2 TL Trockenhefe (0,015 %)
600 ml Wasser (60 %)
24h Zeit

Vorteig vermischen und abgedeckt 24h stehen lassen. Salz, Trockenhefe und Backmalz in das Mehl einrühren. Wasser und Vorteig zugeben und mischen, bis der Teig keine Klumpen mehr hat. Abdecken und 18-22h bei Raumtemperatur gehen lassen. Der Teig sollte glänzende Blasen an der Oberfläche haben. Strecken und falten (siehe Stretch and Fold) und grob rundwirken. Teigling abstechen und formen. Zwei Stunden abgedeckt gehen lassen. Vorsichtig öffnen, belegen (in diesem Fall Pizza Dellavecchia mit Büffelmozzarella, Taleggio, Olivenöl und Frühlingszwiebeln) und bei 350°C backen.

Glutenfreie Pizza

Dieses Rezept ist das einzige der hier aufgeführten, mit dem ich keine persönlichen Erfahrungen vorweisen kann. Da viele Leute aber auf der verzweifelten Suche nach einem guten glutenfreien Pizzateig sind, habe ich mich dennoch entschieden, es hier aufzuführen. Die sehr erfahrene Community des pizzamaking.com Forums ist begeistert davon und hier schweigt es sich auch herum, dass es der Industriestandard guter Pizzerien ist. Es handelt sich um das vom Hersteller empfohlene Rezept für Caputo Fiore Glut, der wohl im Moment besten glutenfreien Mehlmischung am Markt. Diese ist nicht durch andere Mischungen ersetzbar. Das Produkt ist mit 6€ pro Kilo ziemlich teuer, aber den Preis wohl tatsächlich wert. Ich habe hier ein sehr gutes Video zur Zubereitung verlinkt, das alles wichtige abdeckt, vor allem den Knackpunkt an diesen Teigen, nämlich das Öffnen des Teiglings:

Teigrezept (7 Teigling zu 265g):
1000 g Caputo Fiore Glut (100 %)
800 ml Wasser (80 %)
25 g Salz (2,5 %) (kann bis 3 % erhöht werden)
20 g Öl (2 %) (Kann auf 5 % erhöht werden)
8 g Frischhefe (0,8 %)

Wasser in einem Mixer vorlegen, erst Salz, dann Hefe darin auflösen. Mehl einkneten, bis der Teig homogen ist, dann das Öl einarbeiten. Teigling portionieren und fest in Plastikfolie zu Paketen formen und 12h im Kühlschrank gehen lassen. Auspacken und auf mehr Caputo Fiore vorsichtig in eine runde Scheibe ausformen. Belegen und backen, Temperatur je nach gewünschtem Stil (siehe oben).

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4 Antworten zu “Pizza – Noch einmal alles.”

  1. MeatyCarpet Says:

    Moin, vielen Dank für deine unzähligen Pizzabeiträge! Du hast es damals™ geschafft mich anzufixen. Von meinen ersten zaghaften Gehversuchen, die aus mit dem Nudelholz plattgequetschtem Teig auf dem Backblech bestanden über die Anschaffung eines Pizzasteins und dem Öffnen der Teiglinge mit der Hand bis zu der Zeit, in der ich mir für größere Hitze schließlich einen Uuni zugelegt habe – all das wäre wahrscheinlich nicht so gekommen, wenn ich nicht öfter mal den lookalivecontest verfolgt hätte.

    Mittlerweile habe ich den Dreh ganz okay raus, denke ich (siehe hier https://imgur.com/a/edKhrhz), aber die Leidenschaft für gutes Essen und vor allem gute Pizza lebt im Pizza-Underground und beim Pizza Purista weiter. Dir allzeit gutes Gelingen und bis zum hoffentlich schnell erscheinenden nächsten Beitrag.

    PS: Gerade habe ich gesehen, dass Vito Iacopelli ein Video über das richtige Öffnen und Ausformen von Pizza Cannotto gemacht hat. Ich geh‘ dann mal Teig machen…

    • Herr Grau Says:

      Freut mich, dass ich dich für das Thema begeistern konnte. Man kann an diesem Blog auch meinen Lernprozess verfolgen. Ich glaube, es gab noch nie so eine gute Zeit für Pizzaenthusiasten wie jetzt – die Informationen sind so frei verfügbar wie noch nie. Besten Gruß!

  2. Das ist hier ja mal ganz großes Tennis!

    Obwohl ich selbst schon seit vielen Jahren diesen Weg beschreite und so einiges an Erfahrungen sammeln konnte, so lerne ich doch immer noch etwas Neues dazu. Dazu trägst unter anderem auch Du bei.

    In diesem Sinne also vielen Dank für die Mühen und den Enthusiasmus, mit dem Du dieses, Dein Wissen zur Verfügung stellst.

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