Archiv für Januar, 2010

Wichtige Worte: Schillers Tell #4

Posted in smile and look alive on 28. Januar 2010 by Herr Grau

Der kluge Mann baut vor.

Messervorstellung: Herder Grandmoulin Olive

Posted in Getestet, Scharfe Messer, smile and look alive on 26. Januar 2010 by Herr Grau

Dies ist das letzte fehlende Messer, das ich unbedingt noch haben wollte: Ein Herder Grandmoulin mit Olivenholzgriff.
Und weil ich ja ein guter Mensch bin (*hust*), lasse ich euch alle an meinem Eindruck teilhaben. Das Messer wurde beim Messerkontor gekauft, die Abwicklung lief super freundlich und extrem zügig.

Jetzt zu dem Messer.
233mm Klingenlänge
42mm Klingenbreite an der breitesten Stelle
1,8mm Klingenstärke
136mm Grifflänge
19mm Griffdicke
178g Gewicht

Metall: Der ordinäre rostfreie Solinger Messerstahl.
Schneide: Handpolierter 8mm Wellenschliff
Griff: Freigeschliffenes Olivenholz, vernietet

Das Grandmoulin kommt in einer schmucken Schachtel daher:

Schachtel auf und da liegt das gute Stück:

Das Holz ist wirklich wunderschön gemasert.

Die Klinge ist blau gepließtet, was eine sehr feine Politur bedeutet.
Ich habe hier versucht, einmal die Klinge frontal und einmal im Glanzwinkel zu treffen. Man kann sich auf jeden Fall darin spiegeln!


Eindruck: Ich wollte dieses Messer schon immer. Ich finde es wunderschön, es ist meiner Meinung nach die gelungenste Kreation des Hauses Herder. Also hab ich mir, nachdem nach Weihnachten mal das Geld nicht ganz so klamm wie im Restjahr war, mir endlich ein Herz gefasst und mir diesen Traum erfüllt.

Klinge: 93 Punkte
Die Klinge ist vom Schliff her absolut top. Jede einzelne Welle ist perfekt und glänzt bis in den hintersten Winkel. Die Form ist einfach genial, sie sieht einfach großartig aus und ist zum Schneiden genau richtig.

Volle Punktzahl gibt es nicht wegen minimalem Verzug nach rechts:

Desweiteren hätte man für den letzten Punkt (von 99 auf 100 :-P) die Klingenoberseite auch noch perfekt polieren müssen, was Herr Fehrekamp wohl aus Zeitgründen einfach nicht machen kann…

Schärfe 92 Punkte
Wie beurteilt man die Schärfe eines Brotmessers?
Es schneidet alles sanft und einfach, es bröselt kaum. Was kann man sich mehr wünschen?
Über die Standzeit kann ich noch nichts sagen. Also greife ich einfach mal in die Kiste und sage 92..

Balance 99 Punkte
Nichts zu wünschen übrig. Liegt toll in der Hand, zum dahinschmelzen.

Griff 60 Punkte
Man sollte das aufgliedern:
Auf der einen Seite die Form und die Haptik: Klasse.
Liegt satt in der Hand, einen besseren Messergriff habe ich selten gesehen. Dazu das Holzaussehen, das wirklich sehr hübsch ist – ich muss zugeben, ich bin in Olivenholz hoffnungslos verliebt.
Auf der anderen Seite aber die Verarbeitung.
Hier lasse ich erst einmal Bilder sprechen:

Mein persönliches „Lieblingsbild“:

Das ist mal ganz billig und an für sich schockierend. Das darf an einem 140€ teuren Messer einfach nicht passieren! Spalte, durch die man durchgucken kann und dann, was ich persönlich als Affront empfinde, derartig dilletantisch aufgefüllt?!

Entschuldigung Herder, aber wir sind der Meinung, das war SCHEI**E!

Anzufügen ist, dass keiner mit solchen Spalten leben muss. Claudia vom Messerkontor hat sich redliche Mühe gegeben, das ganze zu regeln. Ich wollte die Griffschalen aber nicht gegen ungesehene (wg. Maserung) austauschen lassen, sondern wollte, dass sie nachgepasst werden. Herder hat dies nicht getan. Statt dessen haben sie ein Schreiben geschickt, mit einer Rechtfertigung statt einer Entschuldigung. Und diese Rechtfertigung, nämlich dass das anders bei Olivenholz nicht ginge, ist himmelschreiend falsch und für mich, der ich selber Messer mit Olivenholz gemacht habe, schon fast beleidigend. Aber wie gesagt, im Prinzip kann man so oft zurück schicken, bis man ein spaltfreies Exemplar erwischt.

Nach Adam Riesling würde das einen Bestwert von 86 Punkten machen.
Ich kann aber nicht anders, und sagen: Wenn man die Augen zu macht und nur schneidet, sind es mehr als 90.
Wenn dieser blöde Spalt am Griff nicht wäre, läge das Messer sehr sehr gut.
Daher, Ergebnis: 90 Punkte

Ich war aber darauf vorbereitet und bin bereit, diese Mängel in Kauf zu nehmen.
So ist das eben mit der Liebe…

Wichtige Worte: Schillers Tell #3

Posted in smile and look alive on 22. Januar 2010 by Herr Grau

Daß er sein bös Gelüsten nicht vollbracht,
Hat Gott und meine gute Axt verhütet.

Bericht zur Lage der Nation

Posted in smile and look alive on 20. Januar 2010 by hoegi

Überraschung! Dieser Blog ist doch keine One-Man-Show (das war auch eigentlich nie die Intention), nein: Ich melde mich auch mal wieder, heute mit einem kurzen Bericht zur Lage der Nation.

Deutschland ist langweilig. Das sage ich jetzt nicht, weil ich mich hier nicht amüsieren kann, keinesfalls. Aber seien wir mal ehrlich: Was macht Deutschland aus? Wir haben durchschnittlich viel Küste im Norden, eine durchschnittliche Menge durchschnittlicher Berge im Süden, ein durchschnittliches Klima, durchschnittliche Frauen, durchschnitts-Penisse und einen (mittlerweile) sehr durchschnittlichen Kulturausstoß. Ja, wir haben Bier. Und wir sind eventuell auch noch Exportweltmeister, wenn China uns da nicht auch schon gekriegt hat. Aber beklagen kann man sich eigentlich nicht in diesem Lande: Jeder Mensch hat eine soziale Grundsicherung, die meisten von ihnen haben Arbeit, einige von ihnen werden sogar sehr gut bezahlt, wir haben Gewerkschaften, Tariflöhne, gesetzliche Krankenversicherung, wir dürfen alle Jubeljahre mal die Namen an der Regierung ändern. Kurzum: Wir haben eigentlich alles, was man so zum Leben braucht. Aber was kommt noch? Wenn man Nachrichten und selbsternannten „Experten“ glauben schenken darf, sind wir in absehbarer Zeit entweder alle arm, alle arbeits- und obdachlos, alle überflutet oder alle tot. Wobei Letzteres wohl am wünschenswertesten wäre, schenkt man den Hellsehern der Moderne Glauben.
Klimawandel: Die Erde erwärmt sich in den kommenden xxx Jahren um 1,nochwas °C! Das wird unser Untergang! Pillepalle. Wissenschaftler sind sich immer noch nicht einig, ob die Naturschauspiele (ich nenns einfach mal nicht Katastrophen) die sich momentan ereignen, überhaupt im Zuge eines „Klimawandels“ ereignen, oder ob das nicht sogar vielleicht ganz normal wäre mit der Erwärmung. Ich möchte hier mal an die Eiszeiten erinnern. Und selbst wenn die Polkappen jetzt ein bisschen tauen. Bleibt zu hoffen, dass es genug ist um Holland zu fluten, dann hab ichs nicht mehr so weit bis ans Meer. Und mal ehrlich: Wer hätte nichts gegen ein paar Grad mehr im Sommer? Bis die Welt untergeht haben wir jedenfalls noch genug Zeit, dass auch unsere Enkel noch ein schönes Leben haben werden.
Arbeitslosigkeit: „Experten“ erwarten in den kommenden Monaten über 200000 neue Arbeitslose in Deutschland! Ein Trend zeichnet sich ab! Werden wir bald etwa alle arbeitslos sein? Meine Meinung: Das dauert noch mindestens so lange, bis wir Androiden erschaffen haben, die uns sämtliche Arbeit abnehmen können. Ich veranschlage das mal etwa fürs Jahr 2150. Wenn das überhaupt funktionieren sollte. Wenns denn schlecht läuft haben meine Ur-Ur-Ur-Ur-Enkel dann ein schlechtes Leben. Das ist natürlich hart.
Staatshaushalt: *hust* Jaa… hier sehe ich tatsächlich ein gewisses Problem auf uns zukommen. Unser Staat und insbesondere seine Repräsentanten, namentlich unsere aktuelle Regierung, hält es für eine gute Idee, immer weiter Schulden anzuhäufen. Hätten sie mal die Sendung vom Peter Zwegat gesehen, hätten sie gemerkt, dass man zwangsläufig in eine Schuldenfalle rennt, aus der man nicht mehr so schnell rauskommt. Aktuell werden 40% des Staatseinkommens für die Schuldentilgung ver(sch)wendet. Und wenn die Regierung den aktuellen Haushalt durchbringt, wirds über kurz oder lang auch noch mehr werden. Doch was tun? Klug reden können alle! Ich stell mich ja auch hin und sage: „Schulden machen ist scheiße.“, aber was ist die Alternative? Irgendwo muss das Geld ja herkommen. Es ist halt eine Sache für sich mit der Finanzpolitik. Meiner Meinung nach steuern wir langsam aber sicher auf eine Inflation zu. Das ist natürlich ziemlich kacke und ich hoffe, dass es anders kommt. Schließlich würden dann sämtliche Ersparnisse entwertet und wir hätten nüscht mehr viel. Das wäre schade. Idealerweise machen wir einfach unbehelligt weiter Schulden und hoffen, dass es erst Generationen trifft, die sich nicht mehr an uns erinnern können.

Fazit: Irgendwann ists vorbei mit dem angenehmen Leben. Vielleicht haben wir irgendwann die Wüste Gobi vor der Tür stehen, vielleicht klopft der Atlantik ans Wohnzimmerfenster, vielleicht wird Peter Zwegat Finanzminister, vielleicht sind wir in wenigen Jahren auch einfach alle tot, weil die Erde auf die Sonne zurast.
Mein Rat für alldiejenigen, die solange das Beste aus ihrem Leben machen wollen: Smile and look alive.

Messervorstellung: Herder 1922 Kochmesser

Posted in Getestet, Scharfe Messer, smile and look alive on 20. Januar 2010 by Herr Grau

Ich will in Zukunft einige empfehlenswerte Messer vorstellen. Den Anfang macht heute ein Schmalkropf-Kochmesser von Herder aus der 1922 Serie. Es ist eins der wenigen europäischen Kochmesser, die ich kenne, die aus Kohlenstroffstahl erhältlich sind. Desweiteren ist es in bester Herder-Tradition dünngeschliffen und blaugepliestet.
Ich habe es wie immer beim Messerkontor gekauft, Claudia kümmert sich vorbildlich um ihre Kunden. Mir hat sie extra ein neues 1922 von Herder bestellt, damit ich mit dem Exemplar zufrieden bin.

Die technischen Daten:

210 mm Klingenlänge
43 mm Klingenbreite hinten
3,2 mm Rückenstärke am Klingenanfang
127 mm Grifflänge

195g Gesamtgewicht

Schneidenwinkel ca 20° – 25° mit kleiner Schneidfase
Material: C75W1 im Gesenk geschmiedet
Griff: Kirschholz mit Messingnieten

(frei von albino aus dem Messerforum geklaut, habe keine Messerwerkzeuge hier)

Der Erfahrungsbericht:

Klinge: 98 Punkte
An der Klinge gibt es wirklich nichts auszusetzen, sie ist verzugfrei und gerade, offensichtlich gut verarbeitet und vorbildlich dünngeschliffen. Der Kropf ist der schönste, den ich bis jetzt an einem Messer gesehen hab, genau richtig dimensioniert. Das Material ist vernünftig, es wären noch zwei Punkte Spiel nach oben für etwas längere Standzeit.

Schärfe und Schnitthaltigkeit: 90 Punkte
Das Messer ist scharf und es hält auch die Schärfe. Wenn man als Referenz ein japanisches Messer nimmt, ist der Unterschied aber deutlich. Der Dünnschliff macht beim Schneiden selbst aber die fehlende Schärfe mehr als wett.

Griff: 85 Punkte
Die klassische Fehlerdisziplin von Herder. Wie schon geschrieben, hat Claudia das Messer extra handselektiert, damit es nicht wiederkommt. Trotzdem ist die Verarbeitung nicht perfekt. Die Nieten sind etwas unschön versenkt, es stehen noch ein paar Fasern raus, an der einen Seite gibt es eine Verfärbung im Holz und geringe Spalte sind von oben zu sehen. Allerdings weit besser als die Katastrophe bei meinem Grand Moulin. Ich kann mit diesem Griff leben. Er liegt gut in der Hand.

Im Messerforum wird empfohlen, den Griff mit Öl oder flüssigem Wachs zu vakuumisieren. Ich hatte keinen Zugang zu einem Vakuumgerät, daher konnte ich das bis jetzt noch nicht tun. Diese Maßnahme dürfte die Lebenserwartung des Griffs deutlich erhöhen.

Balance: 98 Punkte
Das Messer ist vorbildlich ausbalanciert.

Gesammteindruck: 95 Punkte
Rechnerisch käme man auf 93 Punkte, aber das Messer ist mehr als die Summe seiner Teile. Es schneidet wirklich vorbildlich, besser als alle anderen europäischen Kochmesser der großen Firmen, die ich kennenlernen durfte.
Man nimmt es einfach gerne in die Hand, es arbeitet sich damit einfach, gut und schnell. Wenn man sich nicht mehr wünscht, ist man wohl zufrieden, oder?
Ich würde es jederzeit wieder kaufen und werde es ab jetzt jedem, der ein Kochmesser im europäischen Stil sucht, als Kochmesserreferenz empfehlen.

Jetzt einige Impressionen.
Vorher muss ich anmerken, dass ich das Messer ausprobiert habe, wobei es schon Patina angenommen hat. Ich habe diese so gut wie es ging auf dem 10.000er Stein wieder runterpoliert, auf dem ich auch die Schneide noch mal feiner gezogen habe, aber dennoch ist die Klinge jetzt nicht mehr so schön, etwas wolkig und ungleichmäßig. Die Tropfen darauf sind Kamelienöl, von dem ein bisschen viel an der Klinge war.
Als es kam, war es perfekt.

Messer in der Kiste

Schneidfase

Fluchtung:

Griff von der Seite & Kropf

Griff von der Seite, ganz

Griffspalte, sehen aber auf diesem Foto wirklich schlimmer aus, als sie sind:

Griffspalte näher, das tut dem ganzen mehr recht

Griffspalte unten, im Prinzip nicht vorhanden:

Und noch einmal die Größe im Vergleich zu meiner Hand

Wichtige Worte: Schillers Tell #2

Posted in smile and look alive on 19. Januar 2010 by Herr Grau

Ist keine Hülfe gegen solchen Drang?
Nein, eine Grenze hat Tyrannenmacht:
Wenn der Gedrückte nirgends Recht kann finden,
Wenn unerträglich wird die Last – greift er
Hinauf getrosten Mutes in den Himmel,
Und holt herunter seine ew’gen Rechte,
Die droben hangen unveräusserlich
Und unzerbrechlich wie die Sterne selbst

Messer schärfen – Der Schärfvorgang und Schärfetests

Posted in Angewandte Wissenschaft, Scharfe Messer, smile and look alive on 19. Januar 2010 by Herr Grau

Nachdem wir uns also Schleifsteine gekauft und diese möglicherweise gewässert haben, geht es ans Schärfen.

Ich hätte ja jetzt ein Video gemacht, wie man richtig schärft, aber besser als in diesem Video hätte ich es auch nicht demonstrieren können:

Der Koch zeigt eine perfekte Schärftechnik, die wichtigen Punkte werden kurz erklärt: Mit der einen Hand wird der Winkel gebildet, die andere bewegt sich mit dem Schleifbereich, stabilisiert und reguliert den Druck. Das Messer wird immer gleich von vorne nach hinten geschärft, damit überall der Abtrag gleich ist.

Man muss natürlich den Winkel der Schneidfase treffen. Dieser lässt sich für den Anfänger bestimmen, indem man mit einem Edding über die Schneide geht und dann ein paar Streiche auf dem Stein macht. Dann kann man sehen, ob man korrigieren muss oder ob der Winkel stimmte. Der Fortgeschrittene, gerade der, der die Schneidfase seiner Messer von vorneherein selber aufgebaut hat, kennt natürlich den Winkel seiner Messer, aber das braucht Training. Prinzipiell unterscheiden muss man zwischen beidseitig und einseitig angeschliffenen Messern. Bei normalen Messern mit doppelseitigem Anschliff wird von beiden Seiten gleich viel gearbeitet. Man erkennt sie daran, dass sie von beiden Seiten gleich aussehen. Einseitig angeschliffene Messer sehen von der einen Seite so, von der anderen dagegen glatt aus. Geschliffen wird bei solchen Messern zu 90% auf der ersteren Seite, danach wird die glatte Seite flach auf den Stein gelegt und der Grat mit wenigen Zügen abgezogen. Das deckt den ersten Punkt ab: Richtiger Schleifwinkel.

Der zweite Punkt ist dann die Frage, wie lange geschärft werden muss. Jeder Stein hinterlässt mikroskopische Schleifriefen in der Klinge. Der nächst feinere Stein muss also so lange benutzt werden, bis diese gröberen Riefen komplett entfernt und durch die feineren Riefen jenes Steins ersetzt worden sind. Man kann dies mit einer Lupe kontrollieren, man kann durch das Streichen mit dem Fingernagel auf der Gegenseite zur Schneide hin überprüfen, ob das Schleifen schon einen Grat aufgeworfen hat. Beides führt mehr oder weniger zum Ziel. Man kann es aber auch fühlen, was sicher nur durch Training erreichbar ist und am Anfang mit einer der ersten Methoden kombiniert werden sollte. Das Gefühl einer Klinge ändert sich auf dem Stein, wenn sie glatt geschliffen ist. Ein bisschen zu viel ist übrigens nicht wirklich schlimm, also gilt hier eher ein paar Züge zu viel als zu wenig. Das ist der zweite Punkt: Wie lange man schleift.

Der letzte Punkt ist die Kontrolle der Schärfe. Es gibt verschiedene Verfahren. Das Rasieren des Unterarms ist beliebt, sagt aber nicht viel aus. Aussagekräftiger ist die so genannte Nagelprobe: Man stellt das Messer auf den schräg gehaltenen Nagel. Bleibt es hängen, ist das ein Zeichen für gute Schärfe. Eine ähnliche Probe, die noch mehr Schärfe erfordert, ist das Stellen der Klinge auf eine schräge Kopfpartie mit Haaren. Wenn die Klinge dort stehen bleibt, ist sie wirklich scharf. Es ist ein Äquivalent zum Haarspalttest (ein ausgerissenes Haar 1cm über dem Haltepunkt frei schwebend durchtrennen), geht nur schneller, finde ich. Man muss natürlich bei beidem sehr vorsichtig sein. Ersteres ist übrigens die tatsächliche „Nagelprobe“; ob eine Klinge „nagelgängig“ ist, kann man auch mit dem Nagel prüfen; damit der Begriff „Nagelprobe“ aber nicht doppelt belegt ist, wird dies zumeist aber „Ringprobe“ genannt, da ein Schleifer sie auf dem Prüfring am Daumen ausführt (weil er sonst auf die Dauer seinen Nagel ruinieren würde). Diese ist ein Kontrolltest für die Güte des Dünnschliffs, nicht für die Schärfe. Ein frei gehaltenes Blatt Papier zu schneiden ist auch ein valider Test für die Schärfe. Je dünner das Blatt ist, desto schärfer muss die Klinge sein. Eine Tomate auf die Klinge fallen zu lassen ist ein klassischer „Show off“-Test. Da die Tomate gespalten und nicht geschnitten wird, ist es mehr eine Aussage über die Klingengeometrie als über die Schärfe der Schneide.

Eine letzte Anmerkung sei mir noch erlaubt: Das Abziehen von Messern auf Lederriemen bringt überhaupt nichts. Das hat irgendwann mal jemand von den Rasiermessern übernommen, ohne zu wissen, was es überhaupt tut. Bei diesen zieht man absichtlich einen Schneidgrat aus, der mit dem Leder aufgerichtet wird. Ein Küchenmesser hat nach dem richtigen Schleifen keinen solchen Grat. Wenn man irgendwelche abrasiven Pasten oÄ drauftut, macht es zwar das Messer etwas schärfer, aber da wäre ein feiner Stein ebenfalls die bessere Wahl, da er planer ist und daher nicht die Schneide ballig zieht. Diesem Problem kann man natürlich mit einem Stoßriemen wieder beikommen, aber ernsthaft: Kauft euch lieber einen schönen Finishstein, wenn ihr die Endschärfe wollt, das ist doch besser als Autopolitur.

Und jetzt geht los und probiert es aus. Es ist wirklich alles nicht so schwer, wie es scheint.

Messer schärfen – Steine

Posted in Angewandte Wissenschaft, Scharfe Messer, smile and look alive on 19. Januar 2010 by Herr Grau

Springen wir direkt in die Mitte der Materie: Es gibt natürliche und synthetische Steine verschiedener Körnung und Bindung.

Vorweg sagen muss man, dass es nicht die Lösung gibt; Dick.biz zitiert immer einen japanischen Schmied, der sagt, Stein und Klinge müssten wie ein Braut und Bräutigam zusammen passen. Das stimmt tatsächlich. Einige Steine funktionieren mit bestimmtem Stahl überhaupt nicht, mit anderem wieder toll. Dies macht definitive Aussagen recht schwierig.

Synthetische Steine sind Schleifpigmente, die mit einem Bindemittel gebunden werden. Sie müssen vor der Benutzung etwa 10 Minuten gewässert werden (je feiner der Stein, desto kürzer). Bekannte Firmen sind Cerax, Sun Tiger, King und Naniwa, es gibt aber diverse No-Name-Produkte und Steine, die den Namen von Messermarken tragen. Letztere sind zugekauft und sehr häufig von King. Sun Tiger und King Gold Stones spielen etwa in der selben Liga. Sie funktionieren solide, aber ich mag das Arbeiten damit nicht. Das Bindemittel ist irgendetwas, das die Oberfläche sehr glitschig, plastikartig und „zu“ scheinen lässt. Das gibt einfach kein gutes Gefühl bei der Arbeit. Naniwa bietet diverse Serien an. Die „Chosea“ dürften einige der besten synthetischen Steine sein, die erhältlich sind, allerdings sind sie sehr weich und Anfänger schneiden gerne mal hinein oder machen Macken. Desweiteren sind sie recht teuer. Ich bevorzuge keramische Steine wie die Cerax, da diese sich wenigstens richtig nach Stein anfühlen. Allerdings haben keramische Steine eine Obergrenze, wie fein man sie machen kann.

Natursteine sind eine Wissenschaft. Von der, nebenbei, wir Europäer nicht wirklich Ahnung haben. Im Prinzip jede Steinart kann jedes Pigment binden, was die Möglichkeiten der Variation gewaltig macht. Zentrum des Wissens ist die Schwertpolierertradition aus Japan, die ihre Geheimnisse aber auch nicht gerade in die Welt werfen. Die einzige Quelle für wirklich brauchbare Expertise ist http://www.japan-tool.com/, der von seinem Vater, der über 40000 Steine besitzt, dieses Wissen gelernt hat. Ich kenne Arkansas, Belgische Brocken, Thüringer, Rozsutec und das weite Feld der japanischen Steine. Arkansas, Kieselstein mit Quarzpigmenten, sind Ölsteine und sehr hart. Glaubts mir, das ist eine Sauerei und es lohnt sich nicht. Belgische Brocken mag ich persönlich nicht, ich kann nicht genau sagen, warum. Es sind recht teure Sedimentsteine mit Granaten als Schleifpigment. Viele Leute schwören auf diese Steine, aber ich finde, dass sie für das, was sie leisten, zu teuer sind. Graue Belgische Brocken enthalten weniger Schleifpigment, weshalb sie langsamer arbeiten, und dafür ein bisschen Eisenoxid, was sie umfärbt. Dafür sind sie günstiger und es gibt dickere Schichten, sodass man auch bezahlbar Banksteine bekommt.  Bei den bekannten Thüringern gibt es nun Unterschiede. Alte Thüringer, auch „Escher“ nach der damals vertreibenden Firma genannt, sind eher blaugrünliche Steine mit sehr feinen Schleifeigenschaften. Heute vertriebene Thüringer kommen zwar auch aus Thüringen, werden aber aus einer anderen, dunkleren Schieferschicht gebrochen und haben andere Eigenschaften. Sie sind gröber und haben nicht so gute Abtragseigenschaften. Es sind keine schlechten Steine und sie arbeiten ganz gut mit Edelstahl zusammen, aber sie sind nicht großartig. Rozsutecs kommen aus der Vel’ký Rozsutec in der Slowakei. Es ist ein recht harter Sandstein, über den hier nicht viel bekannt ist. Er ist recht preiswert, scheint aber für Rasiermesser nicht geeignet zu sein. Holzhandwerker scheinen ihn aber zu mögen und auch zum Schleifen von Küchenmessern dürfte er geeignet sein. Als letztes bleibt das große Feld der japanischen Steine. Ich kratze naturgemäß nur an der Oberfläche, aber was ich bis jetzt gesehen habe, hat mich wirklich fasziniert. Allen Natursteinen ist gemein, dass man sie nicht wässern muss. Desweiteren haben Natursteine einen wundersamen Effekt, sie erzeugen, ein „wolkiges“ Schleifbild anstatt parallele Schleifriefen wie synthetische Steine. Dieses von den Japanern „Kasumi“ genannte Phänomen zeigt sich unter der Lupe als satinierte Oberfläche, die aus irgend einem Grund schärfer ist, als die des synthetischen Äquivalents. Ich kann das ganze von hinten bis vorne nicht erklären, aber es ist bekannt und bestätigt.

Während für das Schleifen von Rasiermessern etliche Steine Sinn haben, braucht es zum Schärfen von Küchenmessern nicht so furchtbar viel. Ich empfehle immer einen 1000/3000er Kombistein von Cerax, für härtere Messer (ich würde mal grob sagen: >58° HRC) ist ein Honyama Bruchstein (ehemaliger Name: Awaseto) als Finisher klasse. Letzterer ist vermutlich mein Lieblingsstein und ein unbedingtes Schnäppchen. Ich habe mir sogar einen auf Reserve gekauft, falls es die irgendwann nicht mehr geben sollte. Den 1000/3000er braucht man, um den Grundschliff neu aufzubauen. Für weichere europäische Messer, die man auf dem Wetzstahl scharf hält, ist alles oberhalb eines 3000er-Schliffs vergebene Liebesmüh und ein Finisher daher überflüssig. Bei einem härteres Messer ist ein feines Finish dagegen sinnvoll – bei einem guten Grundschliff reichen im Verlauf einige Züge auf dem Honyama aus (was, da man ihn ja nicht wässern, sondern nur kurz unter fließend Wasser halten muss, in einer halben Minute gemacht ist), um eine sehr hohe Gebrauchsschärfe aufrecht zu erhalten. (Einen neuen Grundschliff brauchen aber auch Messer, die so scharf gehalten werden, ab und zu.) Showoffs wie aus der freien Hand Papier schnippeln, Tomaten spalten, die darauf fallen gelassen werden und das Spalten von Haaren sind nach diesem Stein kein Problem. Viele Leute sind mit dieser Kombination schon sehr zufrieden und mit etwa 60€ ist die Investition auch wirklich nicht übertrieben.

Messer schärfen – Einleitung

Posted in Angewandte Wissenschaft, Scharfe Messer, smile and look alive on 19. Januar 2010 by Herr Grau

Zu aller erst muss ich mal eine Sache klar stellen: Alle Messer werden stumpf.

Ein hochqualitatives Messer, und sei es von einem Zenmeister unter Wasser mundgeklöppelt, hält zwar die Schärfe bedeutend länger, aber auch bei richtiger Benutzung muss es irgendwann nachgeschliffen werden. Zu aller erst zur „richtigen Benutzung“:

1. Leute, die auf Glas, Keramik oder Stein schneiden, gehören erschossen. Holz ist angesagt. Möglichst kein Bambus, da Bambus mineralische Schleifpartikel enthält, die auch die Schärfe schnell versauen. Plastik ist in Ordnung, aber tatsächlich (auf Grund der im Holz vorkommenden bakteriziden Gerbsäuren) unhygienischer als Holz.

2. Sobald es an Knochen geht, ist ein Beil oder eine Geflügelschere gefragt, eine gute Klinge ist an Knochen in Sekunden ruiniert. Das selbe gilt für Gefrorenes.

3. Das Verkanten von Klingen führt schnell zu Ausbrüchen und muss daher drindend vermieden werden.

4. Die Klinge über die Schneidunterlage zu ziehen, um Schnittgut irgendwo hin zu schieben, ist auch ein sicherer Weg, die Schärfe relativ zügig durchzubringen, auch wenn es die Schneide nicht grob beschädigt. Messer umdrehen und mit dem Rücken schaben.

5. Messer gehören nicht in die Spülmaschine!

Die zweite Sache, die man wissen muss, ist die Unterscheidung zwischen Messern verschiedener Härte. Kohlenstoffgehalt macht Eisen zu Stahl und damit härtbar. Je mehr Kohlenstoff darin ist, desto härter kann der Stahl werden, bis es an einem bestimmten Punkt zu viel wird, sodass der Werkstoff unbrauchbar wird (etwa 1,5-2% C). Harter Stahl ist schwieriger zu schärfen, hält dafür aber die Schärfe länger, allerdings ist mit Härte auch Sprödigkeit verbunden. Man kann daher entweder relativ weichen Stahl nehmen, dieser ist dafür nicht spröde. Die Schneide knickt gerne mal um, kann aber mit einem Wetzstahl wieder aufgerichtet werden. Dies nennt sich „europäischer“ oder „U“-Schliff. Die Japaner gehen traditionell einen anderen Weg: Sie verarbeiten sehr harten Stahl („japanischer“ oder „V-Schliff“); dieser ist in der Lage, wirklich enorme Schnittleistungen zu bringen und die Schärfe auch lange zu halten. Dafür ist harter Stahl wie bereits erwähnt spröde: Sollte der Schneidgrat doch einmal umlegen, so ist er verloren und muss neu aufgebaut werden. Herunterfallen, Verkanten und ähnliches quittiert eine harte Schneide natürlich auch viel eher mit Ausbrüchen als eine weiche. Die Unterscheidung ist also die, ob das Messer auf einem Wetzstahl scharf gehalten werden kann oder ob man damit die Schneide ruiniert. Der Umschlagspunkt liegt etwa bei 60° HRC. Im Grenzfall muss man das leider ausprobieren, eine sichere Voraussagemöglichkeit gibt es nicht. Für den Schleifvorgang selbst spielt dies aber keine Rolle – das Procedre beim Schleifen ist das selbe. Ein U-Schliff ergibt sich durch Belastung und Arbeit mit dem Wetzstahl aus einem weicheren Stahl nach V-Schliff automatisch.

Ein normaler Wetzstahl, das soll an dieser Stelle noch einmal betont werden, hält die Schärfe nur aufrecht, schleift die Klinge aber nicht. Daher wird in regelmäßigen Abständen ein Grundschliff fällig, und zwar, wenn die Schärfe nach dem Stahl zu schnell wieder nachlässt oder die Schärfe nach dem Stahl nicht mehr ausreicht. Es gibt auch Stähle mit s.g. „Zug“, also einer schleifenden Oberfläche. Während ein feiner Zug oder die leichte Abrasivität von einem Keramikstab die Schleifintervalle verlängern, ohne allzu großen Schaden anzurichten, sollte man sich dringend von Stählen mit grobem Zug, Saphir-, Diamant- oder Korundbeschichtung fernhalten. Diese Stähle sind für fleisch- und fischzerlegende Berufe sinnvoll, deren Messer ein paar Euro kosten und die schnell und effektiv wieder Gebrauchsschärfe brauchen. Es ist ohne weiteres möglich, mit einem aggressiven Stahl in recht kurzer Zeit das gesamte Messer auszuzehren, was für die Küche völlig unsinnig ist. Finger weg. Das Stählen von Messern selbst sollte man aber dringend lernen, wenn man solch ein Messer hat, was auf den Großteil der Leserschaft zutreffen dürfte. (Der Keramikstab von Ikea ist nebenbei meine Empfehlung)

Und noch eine kleine Anmerkung: Die Schärfe einer Schneide hängt primär nicht von der Härte, sondern vom Korn und der Geometrie ab. Daher lassen sich Kohlenstoffstähle (feineres Korn) auch wesentlich schärfer machen, als rostfreie Stähle (gröberes Korn). Weiche Schneiden halten nur die Schärfe so gut wie gar nicht, daher scheinen sie subjektiv auch weniger scharf zu sein. Aber für einen Schnitt kann auch ein Dosenblech sehr scharf sein. Dass die Geometrie der Klinge auch einen erheblichen Einfluss auf die subjektive Schärfe hat („wie leicht geht das Messer durch ein Material?“), macht sich der Solinger Dünnschliff zunutze. Aber dazu an anderer Stelle mehr…

Interessanter Verstärker für daumenbefingerte Geizkragen

Posted in Röhrenverstärker, smile and look alive on 18. Januar 2010 by Herr Grau

Update: Hier gibt es ein Review von mir aus erster Hand inklusive Modifikationsempfehlungen

Wer mich kennt, weiß, dass ich nicht der größte Fan von China bin. Aber wie mein Vater manchmal (ok, nie) gesagt hat: Wenn es darum geht, einen Röhrenverstärker besitzen zu können, muss man auch mal aufhören, die Welt retten zu wollen.

Eine kleine chinesische Modellbaufirma namens Suppo macht für erstaunlich wenig Kohle erstaunlich funktionierende Röhrenverstärker:

http://www.suppomodel.com/SUPPO_Audio.html

Die Kästen kommen für 90€ + 55€ Versand, also für insgesamt 145€. Bezahlt werden kann per Paypal. Die Dinger kommt wohlverpackt und der Kontakt ist sowohl nett als auch kulant, wie schon einige wohlbekannte Member des DIYaudio.com-Forums feststellten. Desweiteren waren die guten Herren alle mehr als überrascht vom Klang der Apparate. Es sind Schaltpläne verfügbar und auch ein paar Vorschläge, wie man für ein paar Eier mehr einige gute Modifikationen daran ausführen kann. (hier ist der Thread)

Es ist natürlich nicht top-of-the-line, aber sie sind anständig verarbeitet, benutzen keine widerlich schlechten Komponenten und sind sicher eine um Welten bessere Wahl als der scheiß Tansistoramp vom Discounter um den selben Preis, auf dem aber eine Stange mehr Gewinnmarge steht. Als solche darf man sie mit Fug und Recht als echten Geheimtipp empfehlen.