on 15. Februar 2010 by hoegi
Obwohl ich kürzlich erst die dritte Dekade meines Lebens angeschnitten habe, habe ich schon einiges durchlebt. Damit meine ich natürlich nicht Vietnam, Stalingrad oder eine vierstündige Wurzelbehandlung; nein, ich meine Wohnungen beziehungsweise deren Nutzungsarten. Im Folgenden werde ich die 4 Arten des „juvenilen Lebens“ kurz ansprechen und etwaige Vor- sowie Nachteile darstellen.
„Zu Hause bei Muttern“
Fangen wir chronologisch an. Wie fast jeder Mensch wuchs auch ich bei meinen Eltern auf. Doppelhaushälfte am Stadtrand. Ziemlich deutsch irgendwie. In der Altersklasse von 0 bis 16 Jahren ist diese Wohnweise jedem unbedingt nahezulegen. Die Vorteile liegen klar auf der Hand: Sichergestellte Versorgung mit lebenswichtigen Gütern, wenig bis kein Arbeitsaufwand gefordert, alles wird erledigt. Mit zunehmendem Alter emanzipiert sich Mann im Regelfall jedoch auch weitestgehend von der Familie und es regt sich der Drang auszuziehen. Ist auch alles ganz natürlich, also nennen wir das mal „flügge werden“.
Doch wohin? Eigenständig wohnen hat in erster Linie immer ein riesiges Manko: Es kostet Geld. Nicht unerhebliche Summen um genau zu sein. So steht man nun vor der Wahl und muss abwägen. Möchte ich günstig wohnen? Wohnheim/WG wären angebracht. Möchte ich alleine wohnen? Apartement ist das Mittel der Wahl. Doch dafür benötigt es wieder Geld. Ein Teufelskreis. Ich persönlich habe bislang 2 Wohnformen durchgemacht: Zum Einen wäre die „Zweck-WG“ zu nennen, zum Anderen die „Kumpel-WG“
Die Zweck-WG
Studienplatz und -ort sind gefunden, zum Oktober gehts los, doch wo wohnen? Im Internet stieß ich schnell auf einen WG-Zimmer-Marktplatz im Internet und gleich das erste ausgesuchte Zimmer wurde genommen und bezogen. Ich („damals“ zarte 18) wohnte mit einem Medizinstudenten (25) zusammen. Wir kamen miteinander aus, wir respektierten die Wünsche des Anderen, haben in einem Jahr 2-3 Mal ein Bierchen zusammen getrunken, das wars dann aber auch. Wir waren keine Freunde, wir waren halt rücksichtsvolle Mitbewohner. Das Leben war auszuhalten, beide hielten in den Gemeinschaftsräumen Ordnung, doch irgendwie fehlte es an dem Teenspirit, den ich zu Studienbeginn suchte. Dazu gleich mehr. Die Zweck-WG erfüllt den Zweck des Nicht-mehr-zuhause-Wohnens, aber auch nicht viel mehr. Ausschweifende Partys sowie nackt durch die Wohnung rennen ist im Regelfall nicht möglich.
Die Kumpel-WG
Teenspirit, der. Den nämlich, den ich eigentlich suchte. Was käme also gelegener, als mit einem Schulkameraden zusammenzuziehen? Die Vorstellung ist super: Jeden Abend Bier trinken bis zum Morgengrauen, laute Musik hören, tun und lassen was man will… Je nach Personenkonstellation kann das auch gut funktionieren! Ich kenne solche Menschen. Wenn man allerdings das „tun und lassen was man will“ etwas zu übertrieben treibt und die Wohnung im Chaos und Siff endet, ist das auch nicht so das Wahre. Das Grundproblem besteht nämlich in der Aufgabenteilung. Während man in einer Zweck-WG seinen Arbeitsteil erfüllt, weil es eben einfach zweckmäßig ist, so ist in einer Kumpel-WG die Fragestellung eine andere: Warum soll ich ständig deinen Siff beseitigen? So etwas schaukelt sich dann halt hoch, bis sich doch mal jemand erbarmt und eine Grundreinigung durchführt. Die Etappen zwischen den Reinigungen sind allerdings nie so angenehm.
Fazit hier: Mit den richtigen Menschen und der richtigen Einstellung (das Bier wächst nämlich nicht auf Bäumen und es kommen auch keine Elfen, die die leeren Flaschen wegbringen!) kann das ganze auch supertoll funktionieren und man kann Jahre damit glücklich werden.
Das Single-Apartement
Habe ich noch nicht durchlebt, daher:
[fantastische Vorstellungen]Die Bastion der Glückseligkeit heißt „Alleine wohnen!“. Kostet je nach Ansprüchen meist mehr als ein WG-Zimmer, aber wer sich räumlich etwas einschränken kann, kann durchaus auch günstiger in Einraumwohnungen leben. Wenn man alleine lebt gibt es nur noch eine Person, der man Rechenschaft schuldet: Sich selbst. „Scheiße, schon wieder kein Geschirr mehr. Wer hat das alles benutzt? Ich. Muss ich wohl spülen.“ Wohnt man alleine geht der Geschirrnutzungsspülkoeffizient nämlich gegen 1. Die Formel lautet GNSK = (Geschirrteile benutzt)/(Teile gespült). In einer WG lautet die Faustformel: 1/Bewohner=GNSK. Allerdings verlängert sich im Idealfall auch der Zyklus, der den Abstand der Spülvorgänge bezeichnet. Ideal halt Spülvorgänge*Mitbewohner=Spülpflichtabstand. Beim Alleine-wohnen ist dieser natürlich 1. Man ist immer dran. Dafür kann man für sich selber entscheiden, wie sauber das Geschirr denn werden soll. Bei Mitbewohnern muss man abwägen: Wie sauber bekomme ich das Geschirr vorgesetzt? Wie sauber habe ich es also zu machen?
Ich drifte ab. Allerdings kann man diesen Spülcalculus auch auf andere Haushaltstätigkeiten übertragen: Bad putzen, saugen, Küche saubermachen, Müll rausbringen, blabla. Ich denke man sieht, worauf ich hinauswill. Man hat nicht mehr zu beseitigen, als man selber auch verursacht hat. Eine perfekte Balance aus Kosten und Nutzen.
Außerdem kann man ungehemmt nackt durch die Wohnung laufen (es sei denn, das Bad ist übern Hausflur), rauchen, furzen, Musik hören (bis die Nachbarn kommen), Dreck verursachen, heizen oder lüften wie es einem beliebt.. Es ist also ein Raum des beinahe freien Willens. Ein kleines Utopia für jeden Egozentriker. Ich freue mich drauf.[/fantastische Vorstellungen]